Menschliches Antibiotikum wirkt wie ein Detergens

Ein von normalen Körperzellen produziertes antimikrobielles Protein zerstört die fettartigen Bestandteile der Bakterienzellwand, so wie es waschaktive Substanzen bei Fettflecken tun
Das antimikrobielle Protein APOL3 (grün) hat die Membran (rot) des Bakteriums durchdrungen.
Das antimikrobielle Protein APOL3 (grün) hat die Membran (rot) des Bakteriums durchdrungen.
© R. Gaudet et al./Science 2021
New Haven (USA) - Die in Reinigungsmitteln enthaltenen waschaktiven Detergentien haben neben ihrer fettlösenden auch eine antimikrobielle Wirkung: Sie durchdringen die Lipidschicht von Zellmembranen und können dadurch Viren und Bakterien abtöten. Jetzt haben amerikanische Mediziner entdeckt, dass Bakterien, die in menschliche Zellen eingedrungen sind, die Produktion eines Proteins auslösen, das auf ähnliche Weise gegen die Krankheitserreger wirkt. Unterstützt durch andere antibakterielle Faktoren, zerstört das Apolipoprotein APOL3 die doppelte Membran der Zellwand von Salmonellen und anderen gramnegativen Bakterien, berichten die Forscher im Fachjournal „Science“. Ein besseres Verständnis dieser Form der sogenannten zellautonomen Immunabwehr, die unabhängig von Immunzellen funktioniert, könnte helfen, neue Therapien gegen Infektionen zu entwickeln.

„In diesem Fall produziert der Mensch sein eigenes Antibiotikum in Form eines Proteins, das wie ein Detergens wirkt“, sagt John MacMicking von der Yale University in New Haven. Wenn Krankheitserreger in unseren Körper eindringen, lösen sie Alarmsignale aus, die zum einen das Immunsystem aktivieren. Zum anderen schaltet dabei einer der Botenstoffe, das Interferon-Gamma, auch zahlreiche Gene normaler Körperzellen ein, wodurch diese Zellen eigene Abwehrmechanismen in Gang setzen. Während Haut- und Schleimhautzellen antimikrobielle Peptide freisetzen, um Erreger außerhalb der Zellen anzugreifen, erfordert es andere Verteidigungsmaßnahmen, wenn Bakterien bereits in das Zellinnere eingedrungen sind.

Mit menschlichen Zellkulturen untersuchten MacMicking und seine Kollegen, welche Gene durch Interferon-Gamma aktiviert werden. Eines der etwa 19.000 identifizierten Gene bewirkte die Produktion des Apolipoproteins APOL3 in Zellen unterschiedlicher Gewebe. Wie bei einem Detergens zeigte die Molekülstruktur dieses Proteins einen wasserlöslichen und einen fettlöslichen Abschnitt. Mit dem fettlöslichen Molekülteil kann das Protein in die fettartige Lipidschicht biologischer Membranen eindringen, was den Zerfall der Membranstruktur bewirkt. Das konnten die Forscher mit Hilfe spezieller Techniken der Lebendmikroskopie auch direkt sichtbar machen, als sie Zellen mit Salmonellen (Salmonella enterica serovar Typhimurium) infizierten. Nach einer Schädigung der äußeren Bakterienmembran durch andere Faktoren zerlegte APOL3 die innere Membran in kleine Stücke. Doch dabei muss die Zelle ihre eigenen Membranen schützen: Der nur für menschliche Membranen typische Cholesteringehalt sowie bestimmte bakterielle Membranbestandteile stellen sicher, dass sich der Angriff nur gegen die Bakterien richtet. APOL3 war allein gegen solche gramnegativen Bakterien wirksam, die im Laufe der Infektion in das Zytoplasma von Körperzellen eindringen.

„Die Ergebnisse bestätigen die Ansicht, dass jede Zelle des Körpers ein Teil des Immunsystems sein kann“, kommentiert Carl Nathan vom Weill Cornell Medical College die Forschungsarbeit. Die Auflösung der Zellmembran sei – neben der Perforation der Membran, dem Aushungern und dem Vergiften – eine der wenigen Methoden, um Krankheitserreger zu töten. Weitere Forschungen könnten neue Therapien ermöglichen, die die natürliche Immunantwort des Körpers auf Infektionen unterstützen. Das wäre umso wichtiger, als immer mehr Erreger gegen die verfügbaren Antibiotika resistent geworden sind.

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