Lepra-Erreger: Seit tausend Jahren fast unverändert
„Ich hätte nie gedacht, in einem menschlichen Knochen mehr DNA eines Krankheitserregers zu finden als menschliche DNA“, sagt Johannes Krause von der Universität Tübingen. Erstaunliche 40 Prozent der Gesamt-DNA vom Zahn einer leprakranken Frau, die vor 700 Jahren gestorben war, bestanden aus Erbmaterial von Mycobacterium leprae. Die im Vergleich zur menschlichen DNA sehr viel größere Stabilität der bakteriellen DNA beruht auf der ungewöhnlich dicken Zellwand der Mykobakterien, die zudem reich an Mykolsäure ist. Zusammen mit Forschern aus Schweden, Dänemark und der Schweiz untersuchten Krause und seine deutschen Kollegen Knochenproben von 22 Skeletten aus dem 10. bis 14. Jahrhundert, die Anzeichen einer Lepraerkrankung zeigten. Aus Knochen und Zähnen von fünf Skeletten konnten sie so viel gut erhaltene DNA isolieren, dass Sequenzanalysen möglich waren. Die Ergebnisse verglichen die Wissenschaftler mit Analysen der DNA von elf M. leprae-Stämmen, die aus heute lebenden Patienten stammten. Die geringen Unterschiede lieferten keine Hinweise auf eine abgeschwächte Virulenz der heutigen Erreger.
„Wenn die Ursache für den Rückgang der Lepraerkrankungen nicht in den Erregern zu finden ist, muss es am Wirt liegen, also an uns Menschen“, sagt Stewart Cole von der Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne, einer der leitenden Mitglieder des Forscherteams. Wahrscheinlich hat sich der Mensch angepasst und die Fähigkeit entwickelt, Infektionen durch Leprabakterien besser abzuwehren. Mycobacterium leprae infiziert Zellen von Haut, Schleimhäuten und Nerven, was unbehandelt zu Lähmungen und Verstümmelungen führt. Heute erkranken jährlich weltweit noch immer etwa 225.000 Menschen, hauptsächlich in Afrika, Ostasien und Südamerika. Die Behandlung erfolgt durch Antibiotika, die mindestens zwei Jahre lang verabreicht werden müssen.