Kerosin aus dem Solarturm

Aus Wasser und Kohlendioxid lassen sich mit der Hitze gebündelten Sonnenlichts flüssige, klimaneutrale Treibstoffe erzeugen.
Mit diesem Solarturm wird Kerosin produziert.
Mit diesem Solarturm wird Kerosin produziert.
© IMDEA Energy
Móstoles (Spanien) - Synthetisches Kerosin ist die große Hoffnung der Luftfahrt, um auch in Zukunft möglichst klimafreundlich fliegen zu können. Denn rein elektrische Antriebe werden wegen des hohen Gewicht und mangelder Energiedichte selbst bester Lithium-Ionen-Batterien höchstens für kleine Sportflieger genügen. Große Passagierjets bleiben dagegen weiterhin auf flüssige Treibstoffe angewiesen. Das begehrte Kerosin erzeugte nun eine europäische Forschergruppe allein aus Wasser, Kohlendioxid und solarer Hitze. Details zu dem Pilotprozess mit einem Solarturm präsentieren die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Joule“.

„Wir sind die Ersten, die die gesamte thermochemische Prozesskette von Wasser und CO2 bis zum Kerosin in einem Solarturmsystem demonstrierten“, sagt Aldo Steinfeld von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. Dazu nutzte er mit seinen Kollegen ein Solarkraftwerk in Móstoles nahe Madrid. 169 Spiegel – so genannte Heliostate mit jeweils drei Quadratmeter Spiegelfläche – lenken dazu einfallendes Sonnenlicht gebündelt auf die Spitze eines Solarturms. Dort befindet sich der Reaktorraum, in dem extrem hohe Temperaturen von bis zu 1500 Grad Celsius erreicht werden können.

Herzstück des Solarreaktors ist ein gut 18 Kilogramm schwerer Block aus einer hochporösen Ceriumoxid-Keramik. Durch diese Kammer ließen die Forscher Kohlendioxid und Wasserdampf strömen. Dank der hohen Temperatur gab das Ceriumoxid zuerst etwas Sauerstoff ab. Darauf reagierte es sowohl mit Wasser als auch Kohlendioxid und entriss diesen Molekülen wieder Sauerstoff. Das Ergebnis: Ein Gasgemisch aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid. Dieses so genannte Syngas leiteten die Forscher in einen weiteren Reaktor am Fuße des Solarturms. Dort wurde es zu flüssigen Treibstoffen wie Kerosin oder Diesel umgewandelt.

Noch ist die Effizienz dieses „Sun to Liquid“-Verfahrens gering. Aber immerhin konnten 4,1 Prozent der Energie des Sonnenlichts in das Syngas-Gemisch überführt werden. Steinfeld und Kollegen halten es sogar für möglich, durch weitere Optimierungen der Prozessschritte und des Keramikblocks einen Wirkungsgrad von bis zu 15 Prozent zu erreichen. Schritt für Schritt könnten auf den Erfolgen dieses von der EU geförderten Projekts aufgebaut und größere Solarturmanlagen konzipiert werden, um die noch hohen Kosten für solar erzeugtes Kerosin drastisch zu senken. Und in nicht allzuferner Zukunft wäre es ebenfalls möglich, ausreichende Mengen an Kohlendioxid für diese Treibstoff-Produktion direkt aus der Luft zu entnehmen. Wird das Kerosin danach wieder in den Flugzeugtriebwerken verbrannt, wird es wieder in die Atmosphäre freigesetzt. Unterm Strich wäre so ein klimanautrales Fliegen mit Solarenergie möglich.

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