Keine Schlafstörung durch künstliche Beleuchtung

Nicht elektrisches Licht, sondern andere Einflüsse der Urbanisierung dürften für die schlechte Schlafqualität vieler Menschen verantwortlich sein
Elektrisches Licht steht im Verdacht, Schlafstörungen zu verursachen.
Elektrisches Licht steht im Verdacht, Schlafstörungen zu verursachen.
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Guildford (Großbritannien) - Die Möglichkeiten der künstlichen Beleuchtung haben den Aktivitätsrhythmus des Menschen unabhängiger vom natürlichen Tag-Nacht-Wechsel gemacht. Doch der damit insgesamt veränderte Lebensstil wird auch als Ursache von Schlafmangel und Schlafstörungen angesehen. Jetzt hat ein internationales Forscherteam in einem direkten Vergleich untersucht, inwieweit die Elektrifizierung tatsächlich das Schlafverhalten verändert. An der Studie im südostafrikanischen Staat Mosambik beteiligten sich Bewohner zweier benachbarter Siedlungen, von denen nur eine an das Stromnetz angeschlossen war. Entgegen der Erwartungen unterschied sich die tägliche Schlafdauer der beiden Gruppen nicht, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „Scientific Reports“. Die Bewohner der elektrifizierten Siedlung hatten sogar eine höhere Schlafqualität, was unter anderem wohl auf bequemere Betten zurückzuführen war.

„Wir werden wahrscheinlich nie genau wissen, wie unsere Vorfahren geschlafen haben“, sagt Laura Roden von der University of Cape Town. „Aber da die Urbanisierung weltweit fortschreitet, ist es wichtig zu untersuchen, wie sich dabei die Schlafgewohnheiten verändern.“ Für ihre Studie wählten die Forscher einen Distrikt in Mosambik, in dem noch 93 Prozent der Bevölkerung in ländlichen Gebieten lebten und nur 2 Prozent Elektrizität nutzen konnten. Sie verglichen die Tagesaktivitäten der Bewohner einer bäuerlichen Siedlung ohne Zugang zum Stromnetz mit denen einer 30 Kilometer entfernten Siedlung, in der die Menschen auch Handel trieben und Elektrizität nutzen konnten. Insgesamt beteiligten sich 74 Erwachsene an der Studie. Ein sogenannter Aktometer, zwei Wochen lang Tag und Nacht am Handgelenk getragen, zeichnete die Bewegungsaktivitäten jedes Einzelnen auf und registrierte auch die Lichtintensität der Umgebung.

Diejenigen, die künstliches Licht nutzen konnten, gingen im Schnitt etwa eine Stunde später schlafen als die anderen. Dadurch verschob sich aber nur der Schlafbeginn, die Gesamtschlafdauer war mit durchschnittlich 7,5 Stunden für beide Gruppen gleich. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass es nicht einfach nur an der Elektrifizierung liegt, wenn Menschen in den Industrieländern weniger schlafen“, sagt Malcolm von Schantz von der University of Surrey, einer der leitenden Wissenschaftler der Arbeitsgruppe. Der Schritt von einer verschobenen zu einer verkürzten Schlafzeit komme offenbar erst durch zusätzliche Verhaltensänderungen zustande.

Die durch die Aktometer ermittelte Schlafqualität zeigte an, dass die Menschen, die künstliches Licht nutzten, sogar besser schliefen als die Vergleichsgruppe. Als mögliche Ursachen kommen im vorliegenden Fall unter anderem in Frage: die Nutzung von Matratzen statt Decken als Schlafunterlagen sowie eine im Vergleich zur Feldarbeit körperlich weniger belastende berufliche Tätigkeit. Einige Aspekte des Lebens in der modernen Stadt, so die Autoren, können sich jedenfalls positiv auf den Schlaf auswirken.

Wer sich wenig im Freien aufhält und abends noch lange künstlichem Licht ausgesetzt ist – wie für heutige Stadtbewohner üblich – kann damit die natürliche Regulation von Schlaf- und Wachzeiten durch die innere Uhr beeinträchtigen. Doch in industrialisierten Ländern wirken sich mehrere zusätzliche Einflüsse des modernen Lebens auf die Dauer und Qualität des Schlafes aus, darunter Lärmbelastung, Kaffeekonsum, Nutzung von Fernsehen und Internet sowie die Art der beruflichen Tätigkeit: An der Beleuchtung allein liegt es jedenfalls nicht.

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