Inspiriert durch Schneckenschleim: Superkleber für die Medizin

„Die entscheidende Eigenschaft unseres Materials ist die Kombination von sehr starker Klebekraft und der Fähigkeit, Belastung aufzufangen. Diese beiden Merkmale waren bisher noch in keinem Klebstoff vereint“, sagt Dave Mooney vom Wyss Institute der Harvard University in Cambridge, der Leiter des Forscherteams. Die Gewebe innerer Organe haben eine feuchte Oberfläche und einige verändern ihre Form durch Körperaktivitäten. Das erschwert den erfolgreichen Einsatz herkömmlicher Klebstoffe in der Medizin. Zudem sind Kleber aus Cyanacrylat, die die stärkste Haftkraft entfalten, für menschliche Zellen toxisch.
Die Forscher entwickelten zunächst ein Hydrogel aus Alginat und Polyacrylamid, das beliebig verformbar und äußerst dehnbar war. Dieses Material beschichteten sie mit einem Biopolymer aus Chitosan oder Polyallylamin, das – in Analogie zum Schneckenschleim – aufgrund zahlreicher Aminogruppen positiv geladen war. Die äußerst feste Klebewirkung dieser Schicht beruhte auf drei Mechanismen: der elektrostatischen Anziehung zu negativ geladenen Molekülgruppen von Zelloberflächen, auf festen chemischen Verbindungen und auf einer physikalischen Verankerung im anderen Material. Im Vergleich zu einem Cyanacrylatkleber hatte der neue Klebstoff eine mehr als dreifach größere Haftkraft, schädigte aber Zellen und Gewebe nicht.
Schließlich testeten die Forscher die Eigenschaften ihres Klebers mit unterschiedlichen Geweben von Schweinen. Das Material haftete nicht nur auf der Haut, sondern auch auf den feuchten oder blutverschmierten Oberflächen von Knorpel, Herz, Arterien und Leber. Das Klebegel versiegelte ein Loch in einem Schweineherzen und löste sich nicht beim Zusammenziehen und Ausdehnen des Herzmuskels während des Ein- und Auspumpens von Blut. In Ratten implantiert, blieb es mindestens zwei Wochen lang intakt. Eine Blutung in der Leber konnte durch Verkleben gestillt werden, ohne dass es zu Nebenwirkungen kam. Neben dem Einsatz bei Verletzungen und chirurgischen Eingriffen sind noch weitere Verwendungen denkbar, wie die Befestigung von Implantaten oder Medikamentenkapseln an bestimmten Positionen im Inneren des Körpers. Doch bis es so weit ist, müssen zunächst die Ergebnisse klinischer Studien abgewartet werden.
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