Erstmals innere Uhr transplantiert

Eine weitere medizinische Anwendung der Ergebnisse könne darin bestehen, einen gestörten Tagesrhythmus wieder zu normalisieren, sagt Anna Chen aus dem Forscherteam von Pamela Silver an der Harvard Medical School in Boston. Daraus ergäben sich vielleicht auch neue Möglichkeiten zur Therapie von Stoffwechselkrankheiten wie Fettleibigkeit und Diabetes. Zur genetischen Rekonstruktion einer inneren Uhr wählten die Wissenschaftler Synechococcus elongatus, einen Vertreter der photosynthetisch aktiven Cyanobakterien. Für die früher als Blaualgen bezeichneten Mikroben hat sich ein 24-Stunden-Rhythmus zur optimalen Nutzung des Tageslichts als vorteilhaft erwiesen. Die einfache Uhr dieser Bakterien basiert auf dem regelmäßig oszillierenden Spiegel dreier Proteine.
Die Forscher bauten die entsprechenden Gene in das Erbgut von Kolibakterien ein, die selbst keine tagesrhythmischen Aktivitäten zeigen. Zusätzliche gentechnische Eingriffe machten das Ticken der Uhr dadurch sichtbar, dass im gleichen Rhythmus ein grün-fluoreszierendes Protein produziert wurde. Daher blinkte jede einzelne Zelle der genetisch veränderten Bakterien einige Tage lang im 24-Stunden-Takt. Jetzt könnte man andere Fremd-Gene demselben Rhythmus unterwerfen, so dass sie Wirkstoffe genau zu der Tageszeit freisetzen, in der sie den stärksten Effekt erzielen. Daraus ergeben sich nach Ansicht der Autoren neue Behandlungsstrategien – beispielsweise für Erkrankungen, die auf einem durch Jetlag oder Schichtarbeit gestörten Tagesrhythmus der Darmflora beruhen.