Erbsenläuse fallen immer auf die Füße
„Wir wunderten uns darüber, dass die Blattläuse anscheinend nicht viel taten, um sich beim Fallen aufrecht zu halten“, sagt Gal Ribak vom Forschungsinstitut Technion – Israel Institute of Technology. Zusammen mit Biologen der Universität von Haifa untersuchte er das Fluchtverhalten von Erbsenläusen (Acyrthosiphon pisum), die auf ihrer Wirtspflanze von Marienkäfern angegriffen wurden. Filmaufnahmen mit Hochgeschwindigkeitskameras zeigten, dass die Tiere nicht abspringen, sondern sich einfach fallen lassen und dann ihren Körper – unabhängig von der Ausgangslage – sehr schnell in die richtige Position bringen. Aus einer Fallhöhe von 20 Zentimetern landeten 95 Prozent mit dem Bauch nach unten. Eine leichte Krümmung der Körperlängsachse bewirkte außerdem, dass der Hinterleib meist zuerst den Boden berührte, bevor das Kopfende aufschlug.
Während des freien Falls waren die Antennen der Läuse stets nach vorn gestreckt und nach oben gebogen; die Hinterbeine waren angehoben und nach hinten gerichtet. Diese Körperhaltung war notwendig und ausreichend, um eine Landung auf dem Rücken zu verhindern. Das ergaben Fallexperimente mit toten Läusen, deren Körperglieder zufällig ausgerichtet waren, und Versuche mit Tieren, denen zuvor Antennen oder Beine amputiert wurden. Mit einfachen physikalischen Gesetzen konnten die Forscher erklären, wie abstürzende Blattläuse in weniger als 0,2 Sekunden durch passive Drehung in eine aerodynamisch stabile Position gelangen. Dazu berechneten sie die Luftwiderstände einer Modell-Blattlaus mit entsprechend ausgerichteten Antennen und Beinen während eines simulierten freien Falls. Offenbar genügt dem Tier ein Reflex, der eine bestimmte Körperhaltung auslöst, um mit den Beinen voran zu fallen.
Die pflanzensaftsaugenden Insekten können zwar durch den Sturz zunächst einmal einer akuten Gefahr entgehen. Wenn sie allerdings auf den Boden geraten, werden sie leicht zur Beute für andere Räuber oder es droht der Hungertod. Es wäre daher von Vorteil, wenn ihr Fall vorzeitig auf einem der unteren Blätter enden würde. Auch das begünstigt die richtige Körperhaltung in der Luft: Trafen die Läuse mit der Bauchseite auf einem Blatt auf, konnte sich immerhin die Hälfte von ihnen mit ihren Haftfüßen daran festhalten. Alle diejenigen, die auf dem Rücken landeten, rutschten vom Blatt ab und fielen weiter bis zum Boden. Die Fähigkeit zum kontrollierten Sturz von Bäumen und Sträuchern könnte ein wichtiger erster Schritt in der Evolution des Insektenflugs gewesen sein, schreiben die Autoren. Denn auf diese Weise schnell den Boden zu erreichen, hätte die biologische Fitness flügelloser Insekten erhöht.
Atem treibt Läuse in die Flucht
Tierische Photosynthese: Blattlaus nutzt Lichtenergie