Elektronische Haut mit Fingerspitzengefühl

Hauchdünne Sensoren reagieren hochsensibel auf Wärme, Druck und Verformung
Dünne, elektronische Haut aus filigranen Gold- und Kunststoffnetzen als empfindlicher Drucksensor
Dünne, elektronische Haut aus filigranen Gold- und Kunststoffnetzen als empfindlicher Drucksensor
© Someya et al., Univ. Tokyo
Tokio (Japan)/Pohang (Südkorea) - Hochempfindlich ertasten Fingerpitzen mit hunderten Rezeptoren feine Strukturen, Wärme oder Druck. Dieser vielfältige Tastsinn lässt sich auch mit elektronischen Sensoren immer besser nachbilden. Gleich zwei Forschergruppen in Japan und Südkorea entwickelten nun neue Prototypen für solche Sensorfolien, die sie in der Fachzeitschrift „Science“ vorstellen. Diese elektonischen Häute haben das Potenzial, auch Robotern ein vergleichbares Feingefühl zu verleihen wie Menschen.

Sunghoon Lee und seine Kollegen von der Universität Tokio konstruierten eine nur 200 Mikrometer dünne Tastfolie, die auch sehr kleine Drücke messen konnte. Dazu woben sie ein filigranes Netzwerk aus nur 200 bis 400 Nanometer dünnen Polyurethan-Fasern. Auf dieses Netzwerk deponierten sie ein weiteres Gitter aus ebenso dünne Goldstreifen. Mehrere dieser Schichten legten die Forscher in ihrer Tastfolie abwechselnd übereinander. Wurde diese Folie mit kleinen Drücken von einigen Kilopascal belastet, änderte sich messbar die elektrische Kapazität. In weiteren Versuchen heftete Lee die Tastfolie auf die Fingerspitze eines Kollegens. Griff dieser nun nach einem kleinen Objekt oder einer Nähnadel, ließ sich der auf die Fingerspitze wirkende Druck genau messen.

Die elektronische Haut von der Arbeitsgruppe um Insang You von der Pohang University of Science and Technology reagierte dagegen hochempfindlich auf Wärme und mechanische Verformungen. Dazu ordneten die Forscher elektrisch leitfähige Elektroden aus Silber auf zwei flexiblen Kunststofffolien an. Zwischen diese Folien legten sie eine fünf Mikrometer dünne Schicht aus einem sogenannten Feststoffelektrolyten. In diesem speziellen Kunststoff – ein Trifluoromethylsulfonylimid – können sich einzelne Ionen relativ frei bewegen. Dank dieser Beweglichkeit veränderten sich sowohl bei Wärme als auch bei Dehnung oder Stauchung jeweils die physikalischen Eigenschaften – wie beispielsweise der elektrische Widerstand und die Kapazität. Dadurch ließ sich mit ein und derselben Sensorfolie unabhängig voneinander die Temperatur und die mechanische Verformung mit hoher Genauigkeit messen.

Beide Prototypen hielten ohne Probleme hunderten Verformungzyklen oder Druckbelastungen stand. Für technischen Anwendungen müsste die Stabilität aber noch etwas verbessert werden. Dann locken Sensorfolien, um etwa die Körpertemperatur von Patienten über längere Zeiträume zu messen. Noch interessanter wären diese elektronischen Häute aber für Roboter, die dank eines empfindlichen Tastsinns ähnlich vorsichtig zugreifen könnten wie Menschen. Das wäre für die Handhabung empfindlicher Bauteile oder für einen Roboter-Einsatz in der Chirurgie von Vorteil.

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