Ein T-Shirt als Mikrofon
Yoel Fink und seine Arbeitsgruppe am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge nutzten für ihre Faser elastische Kunststofffaser, die selbst bereits mechanische Bewegungen in elektrische Spannungspulse umwandeln können. Doch dieser piezoelektrische Effekt war bisher zu klein, um auf die kleinen Druckunterschiede von Schallwellen ausreichend reagieren zu können. Daher lagerten sie in ein unter Wärme aufgeweichten Piezo-Kunststoff zusätzlich piezoelektrische Nanokristalle aus Bariumtitanat ein. Diese Masse pressten sie durch eine feine Düse und fügten bei diesem Prozess zugleich filigrane Kupferdrähte als Elektroden zu der Akustik-Faser hinzu. Zu entstand ein 70 Meter langer und knapp einen Millimeter dünner, flexibler Faden.
Diesen Faden woben die Wissenschaftler in ein Textilgewebe ein. Eine einzige Akustik-Faser genügte dabei, um ein größeres bis zu einem Quadratmeter großes Stoffstück in ein Mikrofon zu verwandeln. Trafen nun Schallwellen im Frequenzbereich zwischen 200 und 1000 Hertz auf diesen Stoff, entstanden kliene Spannungspulse abhängig von der Lautstärke. Ein Händeklatschen beispielsweise erzeugte Spannungspulse von knapp einem Volt. Diese Spannungspulse lassen sich wiederum über einen Verstärker in hörbare Schallwellen umwandeln.
Die hohe Empfindlichkeit eines Mikrofons erreicht dieser Akustik-Stoff allerdings noch nicht. Aber sie reicht völlig aus, um etwa den Ort einer Schallquelle genau orten zu können. „Der Stoff konnte die Richtung des Schalls in drei Meter Abstand bis auf einen Grad genau erkennen“, sagt die an den Arbeiten beteiligte Forscherin Grace Noel. So könnte ein T-Shirt mit Akustik-Fasern beispielsweise Menschen mit eingeschränktem Hörvermögen dabei helfen, sich optimal zu einer Schallquelle hin auszurichten. In einem weiteren Versuch ließ sich mit dem Akustik-Stoff – getragen im Brustbereich einer Testperson – der Herzschlag wahrnehmen und ebenfalls in elektrische Signale überführen.
Diese Experimente zeigen, dass sich Textilien mit piezoelektrischen Fasern als Detektor für Schallwellen eignen. In weiteren Versuchen könnte die Empfindlichkeit mit optimierten Akustik-Fasern weiter erhöht werden. Ergänzt mit weiteren funktioniellen Fasern etwa zur Erzeugung und Speicherung von Strom lockt die Entwicklung funktioneller Kleidung für Hörgeschädigte oder für eine permanente Kontrolle der Herzfunktion. Da die Akustik-Faser tausendfachen Verbiegungen und selbst mehreren Wäschen mühelos standhielt, wäre sie für einen Dauereinsatz auch stabil genug.