Druck verwandelt Graphen in einen Supraleiter

Optimierte Methode verändert gezielt die elektronischen Eigenschaften von zweidimensionalen Materialien
Illustration: Druck verwandelt eine verdrehte Doppelschicht aus Graphen in einen Supraleiter.
Illustration: Druck verwandelt eine verdrehte Doppelschicht aus Graphen in einen Supraleiter.
© Ella Maru Studio / Columbia University
New York (USA) - Vor einem Jahr entdeckten Physiker vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) erstmals, dass eine Doppelschicht aus dem hauchdünnen Kohlenstoffmaterial Graphen Strom ohne jeden Widerstand leiten kann. Die Supraleitung trat bei minus 271,5 Grad Celsius bei Graphenschichten auf, die unter einem magischen Winkel von exakt 1,1 Grad verdreht waren. Nun bestätigten Forscher von der Columbia University in New York diese Ergebnisse mit einem optimierten Experiment. Wie sie in der Fachzeitschrift „Science“ berichten, pressten sie dazu verdrehte Graphenschichten unter hohen Drücken zusammen. Mit diesem Ansatz könnten nun auch weitere hauchdünne, zweidimensionale Materialien eleganter auf ihre möglicherweise supraleitenden Eigenschaften überprüft werden.

„Wir fragten uns, ob wir den Abstand zwischen den Schichten nicht einfacher kontrollieren konnten als den Winkel“, sagt Matthew Yankowitz, Postdoc am Department of Physics der Columbia University. Genau dieses Ziel erreichte der Physiker gemeinsam mit seinen Kollegen mit einem ausgefeilten Experiment. Sie platzierten dazu zwei zueinander um kleine Winkel zwischen 1,1 und 1,27 verdrehte Graphenschichten zwischen zwei Druckstempel aus Bornitrid. An diesen schlossen sie weitere Graphen-Elektroden an, um die elektrische Leitfähigkeit ihrer Probe exakt zu bestimmen.

Ihre Messungen zeigten, dass zueinander um den magischen Winkel von 1,1 Grad verdrehte Schichten – abgekühlt auf Temperaturen knapp über den absoluten Nullpunkt – tatsächlich supraleitend wurden. Zusätzlich analysierten sie eine Probe, bei der die Graphenschichten um einen größeren Winkel von 1,27 Grad verdreht waren. Ohne äußeren Druck war diese Doppelschicht metallisch leitend. Wirkten jedoch Drücke von ein bis zwei Gigapascal auf die Schicht, verwandelte sich das Material in einen Supraleiter. Die Sprungtemperatur lag mit etwa minus 270 Grad Celsius sogar etwas höher als in den Graphen-Experimenten ihrer MIT-Kollegen.

Dieses Experiment belegt, dass sich die elektronischen Eigenschaften von doppelten Graphenschichten gezielt nicht nur über den Winkel, sondern auch mit Druck verändern lassen. Verantwortlich dafür sind die unter Druck schrumpfenden Abstände zwischen den einzelnen Schichten. Damit steht eine experimentell elegante Methode zur Verfügung, um die variablen, elektronischen Eigenschaften von hauchdünnen Doppelschichten zu analysieren.

In weiteren Versuchen planen Yankowitz und Kollegen, auch andere atomar dünne, zweidimensionale Materialien zu untersuchen. Es ist dabei nicht ausgeschlossen, Supraleiter mit deutlich höheren Sprungtemperaturen entdecken zu können. Parallel bleibt es noch eine Herausforderung, den Wandel zwischen Leiter, Isolator und Supraleiter mit theoretischen Modellen im Detail zu verstehen.

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