Drohendes Unwetter hemmt die Lust
Durch nachlassende Paarungsbereitschaft vor einem Sturm könnten Insekten das Risiko von Verletzung und Tod verringern, sagt José Maurício Bento von der University of São Paulo. „Ihr Verhalten ist sinnvoll, wenn man bedenkt, dass kräftiger Wind und starker Regen lebensbedrohlich für sie sind.“ Solche Wetterlagen wären vorauszusehen, wenn die Tiere Luftdruckveränderungen spüren würden. Das überprüften Bento und seine Kollegen in Zusammenarbeit mit kanadischen Forschern an drei nur entfernt miteinander verwandten Insektenarten. Zunächst untersuchten sie, wie stark männliche Kürbiskäfer (Diabrotica speciosa) bei unterschiedlichen Wetterlagen auf Sexuallockstoffe des Weibchens reagierten. Verringerte sich der Luftdruck innerhalb von sechs Stunden vor Beginn des Experiments um mindestens zwei Millibar, ließen sich die Käfer von dem Pheromon weniger anlocken. Bei direkter Kontaktmöglichkeit mit einem Weibchen verkürzte sich zudem das übliche Verhalten der Brautwerbung vor der Kopulation.
Weibchen des Nachtfalters Pseudaletia unipuncta und der Grünstreifigen Kartoffelblattlaus (Macrosiphum euphorbiae) setzten weniger Sexuallockstoffe frei, wenn in einer Druckkammer der Luftdruck über einen Zeitraum von sechs Stunden um fünf Millibar gesenkt wurde. Bei der Blattlaus hatte aber ein Anstieg des Luftdrucks den gleichen Effekt. Die verringerte Pheromonproduktion führte sowohl beim Falter als auch bei der Laus zu einer geringeren Kopulationsrate. Für alle drei Insektenarten konnten die Forscher somit eine Reaktion auf Luftdruckänderungen nachweisen. Da sich Insekten in Größe und Flugvermögen stark unterscheiden, seien artspezifische Unterschiede im Verhalten vor Wetteränderungen wahrscheinlich, schreiben die Autoren. Noch sei völlig unklar, ob es spezielle Sinneszellen gibt, die Luftdruckänderungen registrieren. Es wäre auch denkbar, vermuten die Biologen, dass die Insekten Größenänderungen von Luftbläschen im Darm zur Messung des Luftdrucks nutzen könnten.