Automatisierte Mikroskopie findet Malaria-Medikamente mit doppelter Wirkung

Ein neues Screening-Verfahren identifiziert Substanzen, die auch in der Anfangsphase der Infektion wirksam sind
Malariamücke Anopheles gambiae bei der Blutmahlzeit
Malariamücke Anopheles gambiae bei der Blutmahlzeit
© James Gathany / U.S. Centers for Disease Control and Prevention
La Jolla (USA) - Malariaerreger vermehren sich zuerst in Leberzellen, bevor sie dann die roten Blutkörperchen befallen. Jetzt haben amerikanische Forscher erfolgreich ihre neu entwickelte Methode eingesetzt, um nach Hemmstoffen zu suchen, die gleichzeitig beide Formen des Parasiten angreifen. Die meisten Malariamittel, darunter Artemisinin und Chloroquin, wirken zwar gegen die Blutform, aber kaum oder gar nicht gegen Erreger in der Leber. Mit Hilfe von Kulturen infizierter Leberzellen und einem automatisierten mikroskopischen Analyseverfahren identifizierten die Wissenschaftler hingegen eine Gruppe chemisch verwandter Verbindungen mit der erwünschten zweifachen Wirkung. Mit einem dieser Mittel ist es ihnen gelungen, Mäuse vor einer Infektion zu schützen. Diese Substanzklasse könnte die Basis einer neuen Generation von Malaria-Medikamenten werden, schreiben die Autoren online im Fachjournal "Science".

"Wir haben eine automatisierte Mikroskopie-Methode entwickelt, um nach Verbindungen zu suchen, die das Aussehen der Malariaerreger in den Leberzellen verändern", sagt Elizabeth Winzeler vom Scripps Research Institute in La Jolla. Sie leitete das Forscherteam, dem auch Wissenschaftler des Genomics Institute of the Novartis Research Foundation angehörten. Solange es noch keinen sicheren Impfschutz gibt, ist man zur Bekämpfung der Malaria auf Medikamente angewiesen. Diese sollten möglichst alle Entwicklungsstadien des Erregers abtöten. Nach der Infektion durch den Stich der Anopheles-Mücke vermehren sich die einzelligen Parasiten der Gattung Plasmodium zunächst in den Leberzellen, ohne Krankheitssymptome auszulösen. Erst nach etwa einer Woche erscheinen sie in veränderter Form im Blut, wo der Befall der roten Blutkörperchen die typischen Fieberschübe verursacht. Manche Erregertypen überdauern nur kurze Zeit in der Leber. Andere, wie Plasmodium vivax, können im Ruhestadium Monate und Jahre in der Leber bleiben und irgendwann erneut die Krankheit auslösen. Insbesondere für diesen Erregertyp, der außerhalb Afrikas von größter Bedeutung ist, werden Medikamente benötigt, die auch die Leberform abtöten.

Mit ihrem Zellkultursystem testeten die Forscher mehr als 4000 chemische Verbindungen, die sich bereits als wirksam gegen die Blutform der Parasiten erwiesen hatten. Die Leberzellen wurden mit Plasmodien aus Anophelesmücken infiziert und zwei Tage lang zusammen mit der jeweiligen Testsubstanz bebrütet. Nach Anfärbung von Parasiten und Wirtszellen erlaubte es die automatische Auswertung der mikroskopischen Aufnahmen, die Infektionsraten zu ermitteln. 275 Substanzen zeigten einen mehr oder weniger starken Hemmeffekt auf die Vermehrung der Erreger. Von besonderer Bedeutung war die Stoffklasse der Imidazolpiperazine. Eine oral verabreichte Substanz aus dieser Gruppe war in der Lage, Mäuse vor einer Malariainfektion zu schützen, indem sie sowohl Leber- als auch Blutformen der Plasmodien abtötete. Ob damit auch inaktive Plasmodium vivax-Parasiten aus Leberzellen eliminiert werden können, ist noch nicht untersucht.

Weitere chemische Optimierungen der Molekülstruktur sollen nun zu Medikamenten führen, die sowohl vorbeugend als auch zur Behandlung einer Infektion beim Menschen wirksam sind. Das wäre ein wichtiger Schritt, dem noch fernen Ziel einer weltweiten Ausrottung der Malaria näher zu kommen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erkranken jedes Jahr 225 Millionen Menschen. Im Jahr 2009 starben 781.000 an der Infektion - hauptsächlich Kinder in Afrika.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "Imaging of Plasmodium Liver Stages to Drive Next Generation Antimalarial Drug Discovery", Stephan Meister et al.; Science Express, doi: 10.1126/science.1211936


 

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