Autark rinnende Tropfen

Öl- und Wassertropfen bewegen sich ganz ohne äußere Kräfte durch einen flexiblen Glaskanal
Durch diesen aufgepreizten Glaskanal bewegen sich Öl- und Wassertropfen völlig selbstständig.
Durch diesen aufgepreizten Glaskanal bewegen sich Öl- und Wassertropfen völlig selbstständig.
© F. Box/Univ. of Oxford
Oxford (Großbritannien) - Ohne jede Pumpe oder eine wirkende Schwerkraft können Tropfen durch schmale Kanäle aus Glas rinnen. Dazu müssen die Kanalwände nur etwas flexibel und mit einer wasserabstoßenden Oberfläche beschichtet sein. Entdeckt und analysiert wurde dieser verblüffende, auf Oberflächenspannung und Druckausgleich beruhende Effekt nun von britischen Wissenschaftlern. Wie sie in der Fachzeitschrift „Physical Review Letters“ berichten, könnte er für filigrane Laborchips oder auch selbstreinigende Oberflächen genutzt werden. Einziger Haken: die Tropfen bewegen sich relativ langsam.

Dominic Vella und seine Kollegen von der University of Oxford bauten für die selbstantreibenden Tropfen filigrane Glaskanäle mit einer besonderen Struktur. Zuerst beschichteten sie zwei längliche Glasstreifen mit einer wasserabstoßenden und zugleich ölanziehenden Schicht. Dabei waren die Streifen so dünn wie ein Deckglas für Lichtmikroskope und dadurch etwas flexibel. An einer Seite klemmten sie die Glasstreifen direkt zusammen. Zwischen die Streifen legten sie einen kleines Glasstück, damit die Streifen etwas auseinanderspreizten. So zeigten die Streifen am anderen, offenen Ende den größten Abstand voneinander mit einigen Mikrometern.

In diesen immer etwas breiter werdenden Glaskanal setzte Vella erst einen Tropfen Silikonöl. Wegen der ölliebenden Beschichtung zerfloss der Tropfen und benetzte einen größeren Bereich zwischen den beiden Glasstreifen. Dabei entstand eine ungleichmäßige Tropfenform – etwas dicker am geschlossenen Kanalende, etwas dünner in der anderen Richtung. Dank der Oberflächenspannung zog der längliche Tropfen die Glasstreifen etwas zusammen. Um diese Spannung möglichst gering zu halten, bewegte sich der Tropfen einige hundert Mikrometer pro Sekunde zum offenen Ende des Kanals.

Für den zweiten Versuch wählte Vella einen Wassertropfen. Dieser wurde von den beschichteten Glasoberflächen abgestoßen. Die Folge: Die flexiblen Glasstreifen wurden etwas weiter auseinandergedrückt. Am geschlossenen Ende des Kanals war der Tropfen etwas dünner als zum offenen Ende hin. Trotz der umgekehrten Struktur bewegte sich auch der Wassertropfen genauso wie der Öltropfen zum offenen Ende hin. Denn der Tropfen drängte in den Bereich geringeren Drucks, der bei größerem Abstand der Glasstreifen wirkte. „Es war überraschend, dass sich beide Tropfenarten in die gleiche Richtung bewegten“, sagt Vella.

In weiteren Versuchen wollen die Wissenschaftler die bei der Bewegung der Tropfen wirkenden Kräfte noch etwas genauer untersuchen. Danach halten sie einige Anwendungen für möglich. Zum einen könnte der Effekt in filigranen Laborgeräten, so genannten Lab-on-Chip-Systemen, genutzt werden. Zum anderen könnten sich Glaskanäle dieser Bauart selbstständig reinigen. Weiter in der Zukunft wäre ein Transportsystem für flüssige Arzneien vorstellbar, mit dem ohne jede Pumpe oder Ausnutzung der Schwerkraft fein dosierte Mengen in die Körper von Patienten gelangen könnten.

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