Alter und Krebs: Neuer Zusammenhang entdeckt

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass eine Deregulation des Stoffwechsels bei alten Menschen eine zentrale Rolle bei der Entstehung aggressiver Tumore spielt“, schreiben John Blenis vom Weill Cornell Medical College in New York und seine Kollegen. Sie untersuchten zunächst, ob sich Blutseren alter und junger Menschen in ihrer Wirkung auf Krebszellen unterscheiden. Dazu gaben sie Blutserum von je 30 gesunden Personen, die entweder jünger als 30 Jahre oder älter als 59 Jahre waren, in Kulturen menschlicher Krebszellen. Die Mehrzahl der Seren alter Menschen bewirkte eine Änderung der Zellform und die Produktion spezieller Proteine, was beides auch für die Entwicklung von Metastasen typisch ist. Außerdem wurden die Zellen resistent gegen die Krebsmittel Carboplatin und Paclitaxel. Die Seren junger Menschen lösten keine derartigen Effekte aus. Mit Serum alter Menschen behandelte Brustkrebszellen bildeten nach Injektion in Mäuse mehr Lungenmetastasen als nach einer Behandlung mit Serum junger Menschen.
Um herauszufinden, welcher Inhaltsstoff des Blutes die verstärkte Aggressivität der Krebszellen bewirkte, untersuchten die Forscher beide Arten von Seren auf den Gehalt an 179 verschiedenen Verbindungen. Relevante Unterschiede ergaben sich nur für zehn Substanzen. Drei davon lagen im Blut alter Menschen in deutlich höherer Konzentration vor. Doch nur Methylmalonsäure (MMS) hatte auf die Kulturen der Krebszellen eine ähnliche Wirkung wie das vollständige Serum. Die Dicarbonsäure MMS ist ein normales Zwischenprodukt des Stoffwechsels, das beim Abbau von Proteinen und Fettsäuren entsteht. Es wird normalerweise schnell weiterverarbeitet, so dass es im Blut junger Menschen nur in geringer Konzentration vorliegt. Eine mögliche Ursache für den höheren MMS-Blutwert im Alter wäre, dass die Aktivität spezieller Enzyme im Lauf des Lebens nachlässt.
Wie molekularbiologische Analysen ergaben, verändert MMS die Aktivität von mehr als 400 Genen, von denen mehrere auch bei der Krebsausbreitung oder der Resistenzbildung von Bedeutung sind. Besonders stark aktiviert wurde das Gen des Transkriptionsfaktors SOX4, der für die Entwicklung von Metastasen eine wichtige Rolle spielt. Krebszellen, deren SOX4-Gen eliminiert worden war, reagierten nicht mehr auf MMS. In weiteren Studien müsse nun geprüft werden, ob die mit Zellkulturen und Tierversuchen erzielten Ergebnisse auf die Metastasenbildung bei Menschen übertragbar sind, schreiben Hai Wang und Xiang Zhang vom Baylor College of Medicine in Houston in einem begleitenden Kommentar. Dann sei der optimale Zeitpunkt zu ermitteln, an dem MMS-blockierende Wirkstoffe – sobald diese verfügbar sind – für eine vorbeugende Therapie eingesetzt werden könnten.
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