400 Jahre El Niño-Historie

Analyse von Korallen liefert erstmals Daten über die langfristige Entwicklung des Klimaphänomens mit seinen globalen Auswirkungen
Korallen bilden wie Bäume mit ihren Jahresringen ein wertvolles Klimaarchiv. Australische Forscher konnten damit nun die  El Niños der vergangenen 400 Jahre rekonstruieren.
Korallen bilden wie Bäume mit ihren Jahresringen ein wertvolles Klimaarchiv. Australische Forscher konnten damit nun die El Niños der vergangenen 400 Jahre rekonstruieren.
© Jason Turl
Melbourne (Australien) - Bei einem El Niño verändern sich die Strömungen in der Äquatorregion des Pazifiks drastisch. Vor den Küsten Perus erwärmen sich die oberen Wasserschichten um mehrere Grad, vor Australien und Indonesien sinken sie dagegen ab. Dieses natürliche Klimaphänomen verursacht ungewöhnlich starke Regenfälle im südamerikanischen Andenraum und Wassermangel in Südostasien und Australien. Selbst auf das Wetter in Afrika, Europa und Indien können sich stark ausgeprägte El Niños auswirken. Nun gelang es erstmals einer australischen Forschergruppe, die Entwicklung von El Niño-Phänomenen über die vergangenen vier Jahrhunderte zu rekonstruieren. Wie sie in der Fachzeitschrift „Nature Geoscience“ berichten, traten seit den 1990er Jahren signifikant mehr El Niños im Zentralpazifik auf und El Niños im Ostpazifik nahmen an Intensität zu.

Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen El Niños und dem Klimawandel konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Zu dürftig war die Datenlage, da Temperaturmessungen der Oberflächengewässer im Pazifik erst seit dem 20. Jahrhundert durchgeführt wurden. Doch Korallen bieten ein weiter in die Vergangenheit reichendes Klimaarchiv, vergleichbar mit den Jahresringen von uralten Bäumen. So analysierten Mandy Freund von der University of Melbourne und ihre Kollegen Proben von insgesamt 27 Korallenbänken, verteilt über den gesamten Pazifik. Als Maßstab für das Korallenwachstum bestimmten sie den Gehalt des Sauerstoff-Isotops O-18 und die Konzentrationsverhältnisse der beiden Metalle Strontium und Kalzium. Aus diesen Messdaten konnten die Forscher auf die vorherrschenden Wassertemperaturen bis etwa ins Jahr 1600 zurückschließen.

Markante Abweichungen der Wassertemperaturen wiesen auf El Niño-Jahre in den vergangenen vier Jahrhunderten hin. Besonders markant waren die Änderungen seit den 1990er Jahren. „Wir sehen mehr El Niños im Zentralpazifik in den vergangenen Jahrzehnten“ sagt Mandy Freund. „Über den gesamten Zeitraum der letzten 400 Jahre ist das ungewöhnlich.“ Zudem entdeckte sie mit ihren Kollegen erste Hinweise, dass die Intensität von El Niños im Ostpazifik im gleichen Zeitraum offenbar zunahm. In dieses Bild passen auch die starken El Niños während der Jahreswechsel 1997/98 und 2015/16.

Diese neue Datenreihe eröffnet Möglichkeiten, die Entwicklung von El Niños besser verstehen zu können. Auch ein sich aufdrängender Zusammenhang mit dem fortschreitenden Klimawandel könnte nun genauer untersucht werden. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass nach dieser ersten Korallenstudie weitere Analysen von Korallenproben folgen werden. Mandy Freund sieht in ihren Analysen nicht nur eine Datenbasis, um die El Niño-Historie exakter zu untersuchen. Sie rechnet auch mit der Entwicklung neuer Modelle, um die zukünftige El Niño-Entwicklung mitsamt den weitreichenden Auswirkungen des Klimaphänomens auf das globale Wetter verlässlicher abschätzen zu können.

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