Im Ernst
"Forschungs-Flops" oder "Wissenschaft wurmt"
Warum weniger berauschende Ergebnisse so selten den Weg in die Öffentlichkeit finden
von Cornelia Dick-Pfaff
Rein theoretisch ist es ja so mit
der Wissenschaft: Im Mittelpunkt steht die Erweiterung des Wissens durch
Forschung. Unbekanntes aufdecken. Systematisch nach Antworten suchen. Neues
Wissen prompt dokumentieren und veröffentlichen. Schlauer werden, schlauer
machen. So weit, so gut. Da sollte man doch nun eigentlich meinen, dass ein
sinnvolles Forschungssystem beinhaltet, nach jedem Versuch die entsprechenden
Erkenntnisse publik zu machen - und zwar gleich, ob sie nun positiv oder
negativ ausgefallen sind. Schließlich ist doch ein negatives Ergebnis auch
eines, denn man weiß jetzt ja zumindest, wie es nicht geht. Dies wiederum
dürfte nun auch nicht gänzlich unwichtig für weitere Forschungen sein.
Klingt logisch in der Theorie, ist
in der Praxis aber anders. Fakt ist, dass eindeutig weniger Negativ-Ergebnisse
ihren Weg in die Fachblätter finden als positive. Dies bestätigt eine aktuelle
Untersuchung britischer und amerikanischer Forscher, die Studien zur
Wirksamkeit von Medikamenten näher unter die Lupe genommen haben: Über positive
Behandlungseffekte und wichtige oder gar bahnbrechende Erkenntnisse wird
wesentlich häufiger berichtet als über negative Ergebnisse. Dabei möchten
Patient sowie behandelnder Arzt vermutlich durchaus wissen, wenn ein Wirkstoff
eben doch nicht so wirkt wie eigentlich gedacht. Vielleicht fehlt es an einem
Blatt mit einem knackigen Titel wie "Forschungs-Flops" oder
"Wissenschaft wurmt", das sich fürsorglich und ausschließlich den sonst
so verschmähten "negativen" Ergebnissen widmet.
Die Frage ist allerdings: Brächte
das überhaupt was? Zumindest im medizinisch-pharmazeutischen Bereich hakt es -
laut besagter Untersuchung - nämlich gar nicht mal unbedingt bei den
Fachblättern, sondern vielmehr bei den Forschern. Irgendwie haben die wohl das
Prinzip der Forschung mitunter ein wenig missverstanden und eine immense Scheu
entwickelt, "negative" Ergebnisse zu veröffentlichen. Die meist
genannten Ausreden für diese Zurückhaltung: Man erachtete die Resultate als
nicht interessant genug oder hatte schlicht keine Zeit für eine
Veröffentlichung. Keine Zeit?! Was vorher an Zeit - und nicht zu vergessen an
Geld - in eine Studie geflossen ist, darüber denken wir jetzt mal lieber nicht
nach. Sonst bekommen wir am Ende noch Bauchschmerzen und brauchen ein Mittel
dagegen. Das hilft dann eventuell eigentlich doch nicht oder wie auch immer.
Aber da wir das dann vielleicht gar nicht wissen, wirkt es ja möglicherweise
trotzdem? Schließlich war da ja noch der Placebo-Effekt: Vieles wirkt, wenn man
nur dran glaubt. In diesem Sinne ist es vielleicht mitunter gar nicht so übel,
wenn ein Forschungs-Flop sang- und klanglos versickert.
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Autor: Cornelia Dick-Pfaff