Wie sich Pflanzen vor selbstproduzierten Hemmstoffen schützen

Eine Mutation verhindert die Selbstvergiftung
Chiba (Japan) - Eine pflanzliche Substanz, in der Medizin gegen Krebs eingesetzt, weil sie wachsende Zellen tötet, richtet sich nicht gegen die Pflanzen selbst. Jetzt haben japanische Forscher herausgefunden, weshalb sich Pflanzen durch das Alkaloid Camptothecin nicht selbst vergiften. Die Substanz wirkt toxisch, weil sie ein Enzym blockiert, das bei der DNA-Verdopplung eine wichtige Rolle spielt. Doch auch die Pflanzen sind auf dieses Enzym, eine DNA-Topoisomerase, angewiesen. Aber durch eine Mutation hat sich im Lauf der Evolution das Enzym dieser Pflanzen so verändert, dass es durch Camptothecin nicht mehr angreifbar ist. Durch den gleichen Mechanismus könnten auch einige Krebsformen gegen das Medikament resistent geworden sein, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal "Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)". Dann liefere diese Erkenntnis einen Ansatzpunkt dafür, das Medikament so abzuändern, dass es auch gegen diese Krebsformen wieder wirkt.

"Camptothecin ist toxisch für die meisten Tiere und höheren Pflanzen. Trotzdem sind die Camptothecin produzierenden Pflanzen vor einer Selbstvergiftung geschützt, was auf einen artspezifischen Resistenzmechanismus hinweist", erklären die Forscher um Kazuki Saito von der Chiba University. Er und seine Kollegen untersuchten die DNA-Topoisomerasen aus Camptotheca acuminata und zwei weiteren Pflanzen, die das als Krebsmittel genutzte Alkaloid produzieren. Sie stellten in allen drei Fällen fest, dass im Vergleich zu anderen Pflanzen jeweils ein Baustein des Enzymmoleküls verändert war. Eine Punktmutation im entsprechenden Gen hatte zum Austausch einer Aminosäure im Enzym geführt. Dadurch konnte sich das Camptothecin nicht mehr an die DNA-Topoisomerase anlagern und das Enzym nicht mehr blockieren.

Die Forscher vermuten, dass die untersuchten Pflanzen aus Vorgängerpflanzen entstanden sind, bei denen sich durch eine Mutation zunächst die DNA-Topoisomerase verändert hatte. Erst danach sei es möglich gewesen, den Topoisomerase-Hemmstoff zu produzieren. Die vorliegenden Ergebnisse seien ein deutlicher Hinweis auf eine Koevolution von Camptothecin-Produktion und Topoisomerase-Resistenz, so die Autoren. Bei menschlichen Krebszellen, die gegen Camptothecin-Medikamente wie Irinotecan (Handelsname: Campto) resistent waren, haben die Forscher ebenfalls eine der drei Veränderungen der DNA-Topoisomerase festgestellt. Das könnte es ermöglichen, das Krebsmittel gezielt so abzuändern, dass es auch in diesen Fällen wieder wirksam wird.

PNAS
Quelle: "Mutations in topoisomerase I as a self-resistance mechanism coevolved with the production of the anticancer alkaloid camptothecin in plants", Supaart Sirikantaramas et al.; Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), Online-Publikation, www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.0801038105


 

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