Wie die Haut Berührungen spürt

Tierversuche zeigen: Unterschiedliche Gruppen von Nervenzellen sind miteinander vernetzt
Baltimore (USA) - Die Haut ist ein empfindliches Organ, das auf leichteste Berührungen und Vibrationen reagiert. Wie die Nerven unter der Haut organisiert sind, welche diese Reize aufnehmen, konnten jetzt erstmals US-Forscher mit Hilfe von genetischen Markierungen zeigen. In Tierversuchen mit Mäusen wiesen sie ein ganzes Netzwerk an spezialisierten Nervenzellen nach, die wiederum an unterschiedlichen Haartypen sitzen. Außerdem untersuchten die Wissenschaftler, wie diese Reize anschließend zu bestimmten Andockstellen des Rückenmarks geleitet und dort weiter verarbeitet werden. Allerdings bleiben noch eine ganze Reihe von Fragen offen, wie die Forscher im Fachblatt „Cell“ schreiben.

„Wir können jetzt langsam verstehen, wie Haarfollikel und die damit verbundenen Nervenzellen miteinander organisiert sind“, sagt David Ginty von der Johns Hopkins University School of Medicine. Haarfollikel sind längliche Einstülpungen der Oberhaut, in denen die Haare stecken. Mäuse haben drei verschiedene Typen dieser Haarfollikel. Darunter liegen wiederum unterschiedliche Gruppen von mechanischen Empfängern. Diese arbeiten wie eigenständige „Mini-Organe“, die jeweils unterschiedliche Typen von Berührungen oder Vibrationen aufnehmen können. Die Informationen gelangen anschließend in spezialisierten Leitungsbahnen zum Rückenmark und von dort als Impulse zum Gehirn. Ginty geht davon aus, dass es im Rückenmark möglicherweise Tausende dieser Leitungsbahnen gibt, von denen jede die Informationen einer bestimmten Region der Haut aufnimmt.

„Natürlich haben wir keine Haare wie Mäuse“, sagen die Forscher in Baltimore, deshalb müsse noch geprüft werden, inwiefern die Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind. Auch eine ganze Reihe anderer Fragen sind noch ungeklärt – etwa wie die Informationen im Rückenmark genau verarbeitet werden. Deshalb wollen die Wissenschaftler nun einen Teil des Netzwerkes nach dem anderen abschalten, um zu schauen, was passiert. Interessant ist für Ginty und seine Kollegen auch, wie das überaus komplizierte System überhaupt zusammenwächst. Denn die einzelnen Elemente werden zu ganz unterschiedlichen Entwicklungszeiten gebildet. „Und woher weiß ein Ende des Nervs, was das andere Ende gerade tut?“, spitzt Ginty seine Fragen zu. So gibt es beim Menschen beispielsweise Nervenzellen in den Beinen, die über einen Meter lang sein können.

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Quelle: „The functional organization of cutaneous low-threshold mechanosensory neurons“, Lishi Li et al.; Cell, doi:10.1016/j.cell.2011.11.027


 

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