Weltkleinste Schlange lebt in der Karibik

Größe des zierlichen Reptils liegt vermutlich am untersten möglichen Limit
Die Jungen großer Schlangenarten (links) sind im Vergleich zum ausgewachsenen Tier deutlich kleiner als der Nachwuchs kleiner Schlangen (rechts)
Die Jungen großer Schlangenarten (links) sind im Vergleich zum ausgewachsenen Tier deutlich kleiner als der Nachwuchs kleiner Schlangen (rechts)
© Blair Hedges, Penn State
University Park (USA) - Sie ist gerade mal so dick wie eine Spaghetti, dunkelbraun, misst weniger als zehn Zentimeter und lebt auf der Karibikinsel Barbados: die winzigste Schlange der Welt. Von allen mehr als 3100 bekannten Schlangenarten ist sie die bisher kleinste. Das Minireptil gehört zu den so genannten Schlankblindschlangen und ist so zierlich, dass es zusammengerollt beinahe bequem auf einer Münze Platz finden kann. Ihr amerikanischer Entdecker beschreibt die auf den Namen "Leptotyphlops carlae" getaufte Spezies im Fachblatt "Zootaxa". Es ist zwar denkbar, dass noch kleinere Schlangenarten existieren, aber aufgrund der geringen Größe eher unwahrscheinlich, dass diese auch entdeckt werden. Die Barbados-Schlange bewegt sich außerdem bereits nahe am überhaupt möglichen Größenminimum, vermutet ihr Finder.

"Schlangen werden möglicherweise von der natürlichen Selektion davor bewahrt, zu klein zu werden, weil es unterhalb einer gewissen Größe nichts mehr Essbares für ihre Jungen gäbe", erläutert Blair Hedges von der Pennsylvania State University. Extrem kleine Schlangen legen gewöhnlich nur ein einziges Ei. Ein Gelege großer Verwandter kann dagegen bis zu hundert Eier enthalten. Dafür ist der Nachwuchs im Vergleich zum ausgewachsenen Tier sehr viel größer: Während die Jungen großer Schlangen häufig nur ein Zehntel der Länger des adulten Tieres haben, sind die Jungen kleiner Arten bereits etwa halb so lang wie die Eltern. "Die natürliche Selektion versucht offenbar, die Größe des Nachwuchses oberhalb eines kritischen Limits zu halten, damit er überleben kann", sagt Hedges. Auch die Barbados-Schlange ist keine Ausnahme: Die Mutter legt ein einzelnes, schlankes, im Vergleich zu ihrer Körpergröße riesiges Ei.

Gefunden hat der Evolutionsbiologe die Minischlange in einem kleinen Waldstück im Osten von Barbados. Genaueres über die Lebensweise der neu entdeckten Schlankblindschlange ist noch nicht bekannt. Vermutlich ernährt sie sich wie einige verwandte Arten von Ameisen- und Termitenlarven. Dass es sich bei Leptotyphlops carlae um eine eigene Spezies handelt, konnte Hedges nicht nur anhand der einzigartigen Farb- und Schuppenmuster bestimmen. Auch Analysen des Erbguts ergaben eindeutige Unterschiede zu anderen Arten. Auch zeigte er, dass einige Exemplare aus Museen falsch eingeordnet worden waren. Die durchschnittliche Größe ermittelte er durch den Größenvergleich ausgewachsener Tiere und kommt so zu dem Schluss, dass es sich um die kleinste bekannte Schlange überhaupt handelt.

Extrem kleine und große Tierarten finden sich besonders häufig in Inselhabitaten. Hier gibt es häufig unbesetzte ökologische Nischen, an die sich dann andere Spezies anpassen. Hat zum Beispiel zufällig niemals ein Tausendfüßler seinen Weg auf eine Insel gefunden, kann etwa eine Schlange so klein werden und sich so anpassen, dass sie dessen Nische besetzt. Hedges vermutet, dass Leptotyphlops carlae selten ist, da ein Großteil ihres natürlichen Lebensraumes Häusern und Farmen weichen musste. Gerade auf Inseln gibt es eine Vielzahl bedrohter Arten, da sie dort kaum ausweichen können, wenn sie ihre gewohnte Umgebung verlieren.

Zootaxa
Quelle: "At the lower size limit in snakes: two new species of threadsnakes (Squamata: Leptotyphlopidae: Leptotyphlops) from the Lesser Antilles", Blair Hedges; Zootaxa (Ausgabe vom 4. August)


 

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