Wasserstoff direkt aus Meerwasser

Heute erschwert der hohe Salzgehalt des Meerwassers eine lohnenswerte und dauerhafte Elektrolyse. Besonders der hohe Anteil an Chlorid-Ionen verringert die Ausbeute an Wasserstoff, da sie zur positiv geladenen Elektrode wandern und dort die Anlagerung von Hydroxyl-Gruppen, kurz OH-, des Wassers, verhindern können. Die Zugabe großer Mengen an Kaliumhydroxid zum salzigen Wasser kann zwar helfen, erhöht jedoch Aufwand und Kosten der Wasserstoff-Gewinnung. Daher konzipierten Tao Ling von der chinesischen Tianjin University und seine Kollegen eine spezizielle Elektrolyse mit einer Proton-Austausch-Membran (PEM), die auch mit einer hohen Chlorid-Konzentration des Wassers gut funktioniert.
Die Forscher fertigten dazu eine Elektrode aus nanostrukturiertem Kobaltoxid. Auf dieses Material deponierten sie in einem zweiten Arbeitsschritt eine hauchdünne Schicht aus Chromoxid. Dieses feste Chromoxid bildet eine so genannte Lewis-Säure, an der sich bevorzugt Elektronenpaare anlagern können. In der Elektrolyse-Zelle gelangen dadurch Hydroxyl-Gruppen sehr viel einfacher und häufiger zur Elektrode als Chlorid-Ionen. Der hohe Chlorid-Anteil im Meerwasser wirkt sich also nicht mehr negativ auf den Spaltungsprozess der Wassermoleküle aus.
In einem Laborprototyp zeigte diese optimierte PEM-Elektrolyse ein verblüffend hohe Effizienz von bis zu 40 Liter Wasserstoffgas pro Stunde. Gespeist wurde die Elektrolyse mit normalem Meerwasser, das die Forscher zuvor lediglich mit einem Filter grob gereinigt hatten. Dank der Zugabe einer Lewis-Säure auf die Elektroden kann nun Meerwasser mit einer ähnlichen Effizienz in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten werden wie gereinigtes und salzarmes Trinkwasser. In weiteren Schritten gilt es nun, dieses Verfahren vom Labormaßstab auf größere Anlagen zu skalieren und die Langzeitstabilität von derzeit gut 100 Stunden weiter zu steigern.