Was Würmer an die Erdoberfläche treibt

"Erdwürmer haben eine ausgeprägte Fluchtreaktion vor Maulwürfen, die daraus besteht, schnell ihre Löcher zu verlassen und über die Erdoberfläche zu fliehen", schreibt Kenneth Catania, Biowissenschaftler an der Vanderbilt University. Der Spezialist für tierische Sensorsysteme hatte sich in die Sümpfe des Apalachicola National Forest in Florida begeben, wo "Wurmgrunzer" ihre Tradition von Generation zu Generation weitergeben. Sie treiben einen Holzpflock in die Erde und versetzen in mit einer reibenden Stahlstange in Schwingungen. Catania zeichnete zunächst diese Vibrationen unter der Oberfläche mithilfe von Geophonen auf. Die richtige Frequenz lockte Würmer im Umkreis von mehr als zehn Metern aus der Erde, je näher am Pflock, desto mehr. Erst nach vier und fünfzehn Minuten krochen die Tiere wieder abwärts.
In mehreren Versuchscontainern mit Erde, Würmern und einem Tunnel für den heimischen Maulwurf (Scalopus aquaticus) simulierte Catania dann das passende Umfeld. Der krabbelnde Jäger - oder auch nur Aufnahmen des Geräusches - trieb die Würmer tatsächlich nach oben, ein simulierter Regen allerdings nicht. Das widerlegte die These, dass Würmer aus Angst vor dem Ertrinken ihre Löcher verlassen. Beim Frequenzvergleich zeigte sich dann: Die Maulwürfe erzeugen eine breites Vibrationsspektrum mit einem Peak bei etwa 200 Hertz, es überlappt sich aber deutlich mit dem schmaleren Spektrum der Wurmgrunzer, welches sich auf etwa 80 Hertz konzentriert. Offenbar, schreibt Catania, spielen Menschen wie Watvögel oder andere Wurmlocker an der Oberfläche die Rolle eines "seltenen Jägers", der für die Würmer weniger gefährlich ist als der Maulwurf unter der Erde. Der Forscher vermutet, dass der von ihm nun belegte Fluchtmechanismus unter Bodenbewohner weit verbreitet sein könnte.
DOI: 10.1371/journal.pone.0003472