Von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften im Tierreich

Verhaltensweisen dieser Art sind möglicherweise eine bislang unterschätzte treibende Kraft der Evolution
Weibchen des Laysan albatros bilden zum Teil lebenslange Partnerschaften zur Jungenaufzucht
Weibchen des Laysan albatros bilden zum Teil lebenslange Partnerschaften zur Jungenaufzucht
© Eric VanderWerf
Riverside (USA) - Gleichgeschlechtliche Beziehungen sind im Tierreich weit verbreitet - von Fruchtfliegen über Albatrosse bis zu Delfinen. Amerikanische Biologen haben nun eine Vielzahl von Studien zu diesem Verhalten unter die Lupe genommen und stellten fest: Diese Verhaltensweisen entstehen nicht nur aus den unterschiedlichsten Gründen, sie sind darüber hinaus vermutlich auch selbst eine nicht zu unterschätzende treibende Kraft der Evolution. Die meisten der untersuchten Studien konzentrierten sich allerdings eher auf die Ursprünge und Erklärungen, weniger auf mögliche Konsequenzen, haben die beiden Forscher herausgefunden. Einen ausführlichen Überblick liefern sie im Fachblatt "Trends in Ecology and Evolution".

"Es ist klar, dass gleichgeschlechtliches Verhalten weit über die gut bekannten Beispiele hinausgeht, die sowohl die Fach- als auch die Allgemeinliteratur beherrschen: etwa Schimpansen, Delfine, Pinguine oder Fruchtfliegen", erläutert Nathan Bailey von der University of California in Riverside. "Diese Verhaltensweisen werden in einer Vielfalt von Umständen flexibel eingesetzt, zum Beispiel als alternative Reproduktionstaktik, als kooperative Brutstrategie, zur Festigung sozialer Bindungen oder zur Vermittlung bei gleichgeschlechtlichen Konflikten." Fruchtfliegenmännchen etwa begatten andere Männchen, weil ihnen ein Gen fehlt, das ihnen ermöglicht, überhaupt zwischen den Geschlechtern zu unterscheiden. Männchen des Großen Tümmlers dagegen festigen über gleichgeschlechtliche Interaktionen den Gruppenzusammenhalt, während Weibchen des Laysan albatros teilweise lebenslange Partnerschaften mit einem anderen Weibchen eingehen, um Junge aufzuziehen.

"Gleichgeschlechtliche Verhaltensweisen - Balz, Besteigen oder Jungenaufzucht - sind Merkmale, die von der natürlichen Selektion hervorgebracht worden sein könnten, grundlegende Mechanismen der Evolution, die über aufeinander folgende Generationen aufkommen", erläutert Bailey. "Unsere Studien legen allerdings auch nahe, dass gleichgeschlechtliches Verhalten ebenso selbst als selektive Kraft fungieren könnte, welche die Selektion anderer Aspekte wie Physiologie, Lebenszyklen, Sozialverhalten und sogar Morphologie antreiben könnte." Gemeinsam mit seiner Kollegin Marlene Zuk hatte Bailey eine Vielzahl von Studien durchgesehen, die sich mit dem Thema beschäftigt hatten. Dass gleichgeschlechtliches Verhalten das Bestehen einer Art direkt beeinflussen kann, zeigt sich etwa am Beispiel des Laysanalbatros: Wenn sich Weibchen zu Paaren zusammenschließen, sind sie deutlich erfolgreicher in der Jungenaufzucht. Weitere Studien sollten sich daher auch auf die Konsequenzen, nicht ausschließlich auf die Entstehung dieser Verhaltensweisen konzentrieren, legen die Biologen nahe.

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Same-sex sexual behavior and evolution", Nathan Bailey et al.; Trends in Ecology and Evolution (im Druck)


 

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