Verschlechtert Hörverlust im Alter die Denkleistung?

Studie zeigt engen Zusammenhang zwischen starken Hörschäden und dem Nachlassen kognitiver Hirnfunktionen
Ein Hörgerät könnte auch helfen, kognitive Fähigkeiten zu erhalten.
Ein Hörgerät könnte auch helfen, kognitive Fähigkeiten zu erhalten.
© Jonas Bergsten / Wikimedia public domain
Baltimore (USA) - Je stärker der Hörverlust im Alter, umso schneller verschlechtern sich auch das Gedächtnis und andere Denkleistungen. Diesen Zusammenhang liefert eine neue Studie amerikanischer Forscher. Demnach haben alte Menschen mit Hörverlust ein um 24 Prozent höheres Risiko für eine kognitive Störung. Schwerhörigkeit sollte man daher nicht auf die leichte Schulter nehmen. Nun sei es wichtig zu prüfen, ob der frühzeitige Einsatz von Hörhilfen das beschleunigte Nachlassen der Hirnfunktionen aufhalten könnte, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt „JAMA Internal Medicine“.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass ein Hörverlust nicht als irrelevanter Teil des Alterns betrachtet werden sollte; denn er könnte schwerwiegende Langzeitfolgen verursachen, die wichtige Hirnfunktionen schädigen“, sagt Frank Lin von der Johns Hopkins University in Baltimore. Er schätzt, dass zwei von drei Amerikanern, die älter sind als 70 Jahre, unter Hörproblemen leiden. Aber nur 15 Prozent von denen, die eine Hörhilfe brauchen, würden diese auch erhalten. Er und seine Kollegen wählten aus Teilnehmern einer größeren Studie 1984 Männer und Frauen mit normalen Hirnfunktionen aus, die im Schnitt 77,4 Jahre alt waren. Nach fünf Jahren wurde das Hörvermögen im Frequenzbereich zwischen 0,5 und 4 Kilohertz und bei Schalldruckpegeln zwischen 0 und 100 Dezibel geprüft. Bei 1162 Personen lag die Hörschwelle oberhalb von 25 Dezibel. Das zeigt einen Hörverlust an, der die sprachliche Verständigung beeinträchtigt.

Im gleichen Jahr und noch dreimal während der folgenden sechs Jahre kontrollierten die Forscher durch standardisierte Tests Gedächtnis- und Denkleistungen. Diese nahmen bei den Hörgeschädigten um 30 bis 40 Prozent schneller ab als bei den anderen. Ihr Risiko für eine kognitive Störung erhöhte sich im Untersuchungszeitraum um 24 Prozent. Anders ausgedrückt: Im Vergleich zu besser Hörenden gleichen Alters waren bei den Menschen mit Hörverlust die kognitiven Hirnfunktionen bereits 3,2 Jahre früher stark beeinträchtigt. Einflussfaktoren wie hoher Blutdruck, Schlaganfall und Diabetes wurden bei der statistischen Auswertung berücksichtigt.

Eine mögliche Erklärung für den nachgewiesenen Zusammenhang besteht darin, dass ein Hörverlust zu sozialer Isolation führen kann. Und Einsamkeit ist ein bekannter Risikofaktor, der kognitive Fähigkeiten negativ beeinflusst. Außerdem könnte starke Schwerhörigkeit dazu führen, dass das Gehirn mehr Energie zur Verarbeitung von Tönen benötigt, die dann anderen Hirnprozessen fehlt. Es sei aber auch möglich, sagt Lin, dass Schäden einer speziellen Hirnfunktion sowohl den Hörverlust als auch die nachlassenden Denkleistungen verursacht. In einer neuen Studie wollen die Forscher nun prüfen, ob der Einsatz von Hörgeräten oder anderer Maßnahmen zur Verbesserung des Hörens das Nachlassen kognitiver Fähigkeiten verlangsamen kann.

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