Überleben auf der Schneeball-Erde

Marine Sedimente weisen auf organisches Leben während des Eiszeitalters vor 636 Millionen Jahren hin
Vor 720 bis 636 Millionen Jahren war die Erde kein blauer, sondern ein weißer Planet. Kilometer dicke Gletscher bedeckten die Landmassen, die Ozeane waren größtenteils zu Eis gefroren
Vor 720 bis 636 Millionen Jahren war die Erde kein blauer, sondern ein weißer Planet. Kilometer dicke Gletscher bedeckten die Landmassen, die Ozeane waren größtenteils zu Eis gefroren
© Michael Miller
Wuhan (China) - Während des Eiszeitalters des Cryogeniums vor 720 bis 636 Millionen Jahren war die Erde kein blauer, sondern ein weißer Planet. Kilometer dicke Gletscher bedeckten die Landmassen, die Ozeane waren größtenteils zu Eis gefroren und selbst rund um den Äquator herrschte Winter. Nach bisherigen Annahmen konnte nur dort einfaches Leben – Einzeller und Algen – den 85 Millionen Jahre dauernden Frost überstehen. Doch nun fanden chinesische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Hinweise, dass auch in nördlicheren Regionen der so genannten „Schneeball-Erde“ kleine Organismen existiert haben könnten. Über ihre Ergebnisse berichten sie in der Fachzeitschrift „Nature Communications“.

Huyue Song von der China University of Geosciences in Wuhan und seine Kollegen analysierten für ihre Studie fossilreiche Sedimente der Nantuo-Formation im südlichen China. Dabei handelt es sich um ein frühzeitliches Meeresgebiet, das sich vor etwa 640 Millionen Jahren während der Marinoischen Eiszeit auf der Nordhalbkugel zwischen dem 30 und 40 Breitengrad befand. Über Jahrmillionen gelangten diese Sedimente durch die Verschiebung der Kontinentalplatten an ihre heutige Position.

In einer Schieferschicht dieser Sedimenten entdeckten die Forschenden zu ihrer Überraschung fossile Strukturen, die auf einfache Algen hinwiesen. Weitere Analysen der Anteile an Eisen, Stickstoff und Kohlenstoff unterstützten die Annahme, dass hier tatsächlich Mikroorganismen trotz der damals herrschenden Kälte lebten, Photosynthese betrieben und dabei organische Kohlenstoffverbindungen aufbauten. Diese Prozesse des Lebens verlangten allerdings eine offene, nicht von einer geschlossenen Eisschicht abgedeckten Meeresfläche.

Mit dieser Entdeckung erweitern Song und Kollegen das in der Fachwelt diskutierte Modell einer Schneeball-Erde während des Cryogeniums. So könnten tatsächlich einfache Organismen in nördlichen Regionen weit entfernt vom Äquator dieses Eiszeitalter überlebt haben. Daraus folgern die Forscher, dass die Erde damals weniger einem eisigen Schnellball, sondern vielmehr einem etwas lebensfreundlicheren Ball aus Schneematsch geglichen haben könnte.

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