Total treue Affen

Die südamerikanischen Azara-Nachtaffen leben tatsächlich absolut monogam – Genanalysen ergeben keinen einzigen Hinweis auf Vaterschaft außerhalb fester Paarbindungen
Azara-Nachtaffen (Aotus azarae) leben nicht nur sozial, sondern auch genetisch monogam.
Azara-Nachtaffen (Aotus azarae) leben nicht nur sozial, sondern auch genetisch monogam.
© M. Corley_Owl Monkey Project, Formosa-Argentina
Philadelphia (USA) - Absolute Monogamie im Tierreich ist äußerst selten. Selbst wenn Paare über lange Zeit oder sogar das ganze Leben zusammen bleiben, finden sich bei den meisten Spezies doch Belege fürs Fremdgehen – wenn man nur genau genug hinsieht. Nun hat ein Team internationaler Biologen bei einer südamerikanischen Primatenart aber ein Beispiel für totale Treue gefunden: Azara-Nachtaffen sind offenbar tatsächlich völlig monogam, berichten sie im Fachblatt „Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences“. Die Forscher konnten trotz jahrelanger umfangreicher Beobachtungen und genetischer Analysen kein einziges Beispiel für einen Paarungsakt außerhalb einer festen Beziehung finden. Sämtliche Nachkommen eines Paares stammten auch von dem Männchen, das mit dem Weibchen zusammenlebte. Bei Vergleichen der Lebensweise und Belegen von Monogamie bei insgesamt 15 Säugetierarten stellten sie darüber hinaus fest: Es scheint einen Zusammenhang zu geben zwischen der Entwicklung von Monogamie und der intensiven Fürsorge der Väter für ihre Jungen.

„Unsere Studie ist die erste für jegliche Primatenart und die vierte überhaupt, die für ein in Paaren lebendes Säugetier genetische Monogamie zeigt, beziehungsweise echte Treue zwischen den Partnern“, erläutert Eduardo Fernandez-Duque von der University of Pennsylvania, einer der Autoren. „Die elterliche Fürsorge bei Azara-Nachtaffen macht nun Sinn. Die Männchen tätigen eine große Investition in den eigenen Nachwuchs.“ Die Biologen hatten über einen Zeitraum von 18 Jahren eine argentinische Population von Azara-Nachtaffen (Aotus azarae) beobachtet. Die Weibchen und Männchen dieser Primatenart bilden starke Paarbindungen und die Männchen leisten etwa durch Tragen, Füttern und Spielen einen großen Beitrag bei der Aufzucht der Nachkommen. Die Spezies gilt somit als sozial monogam. Nicht eindeutig geklärt war aber bislang, ob sie auch genetisch monogam ist oder ob es auch vorkommt, dass fremde Männchen die biologischen Väter von Jungen sind. Mit Hilfe von Gentests bestimmten die Forscher daher anhand der Proben von 128 Tieren auch die tatsächlichen Verwandtschaftsverhältnisse – darunter 35 Nachkommen von 17 Paaren.

Die Genanalysen ergaben: Die Primaten waren einander tatsächlich komplett treu. Es fand sich kein einziger Hinweis auf Vaterschaften außerhalb der Paarbindungen. „In den 18 Jahren des Azara-Nachtaffen-Projektes wurden wir niemals Zeuge der noch so kleinsten und geheimsten Kopulation mit einem Nachbarn“, erzählt Fernandez-Duque. Auch keiner der Partner sei jemals für eine gewisse Zeit davon geflitzt. „In diesem Sinne waren wir von unseren Ergebnissen auch nicht sonderlich überrascht. Aber echte genetische Monogamie ist sehr selten. Wir wären auch nicht überrascht gewesen, wenn es wenigstens ein außerpaarliches Junges gegeben hätte, aber da waren keine.“ Bisher gibt es keine weitere Studie, die genetische Monogamie bei einer Primatenart nachweist. Und nur bei vier weiteren Säugerarten geht man von derart strikter Treue aus, darunter sind der Kojote und die Kalifornische Maus.

In weiteren Untersuchungen gingen die Biologen den Hintergründen nach, unter welchen Bedigungen und aufgrund welcher Ursachen sich absolute Monogamie entwickelt haben könnte. Dazu prüften sie bei 15 Säugerspezies, bei denen ein Zusammenleben in sozial monogamen Paaren beobachtet worden war, den Zusammenhang zwischen genetischer Paarung – also tatsächlicher Treue – und dem Ausmaß der väterlichen Fürsorge sowie der Paarbindung. Ihre Analysen ergaben: Diejenigen Arten, bei denen sich die Väter intensiv mit um den Nachwuchs kümmerten, kam es seltener zu Seitensprüngen. Ein Zusammenhang zwischen starker Paarbindung und absoluter Treue war dagegen ansatzweise vorhanden, allerdings nicht statistisch relevant.

Damit liegt zwar nahe, dass intensive väterliche Fürsorge und strikte Monogamie miteinander einhergehen, doch lässt sich keine Aussage darüber treffen, was aus was hervorgegangen ist beziehungsweise ob noch weitere Faktoren eine Rolle für die Entwicklung genetischer Monogamie spielen. „Männliche Fürsorge ist sicherlich nicht der einzige Faktor, der genetische Monogamie erklärt“, sagt Fernandez-Duques Kollegin Maren Huck vom Deutschen Primatenzentrum in Göttingen, die Erstautorin der Studie. So hätten die Männchen manch anderer Arten mit väterlicher Fürsorge weitaus häufiger Gelegenheit für einen Seitensprung als Azara-Nachtaffen.

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