Taufliegen schützen Larven mit Alkohol
„Unsere Ergebnisse zeigen eine Immunreaktion durch verändertes Verhalten, die auf einer vorbeugenden medizinischen Behandlung des Nachwuchses beruht“, schreiben die Forscher um Todd Schlenke von der Emory University in Atlanta. In früheren Untersuchungen hatte die Arbeitsgruppe bereits nachgewiesen, dass mit Wespeneiern infizierte Larven von Drosophila melanogaster sich selbst behandeln, indem sie verstärkt Alkohol konsumieren. Damit töten sie die parasitisch lebenden Wespenlarven in ihrem Körper ab. Die neuen Beobachtungen zeigen, dass weibliche Fliegen durch ihr Verhalten bei der Eiablage alkoholhaltige Säfte auch dazu nutzen, um ihren Nachwuchs zu schützen.
Die Forscher boten Fliegen in einem Behälter zwei Schalen mit Nahrung an, die gleichzeitig als Ort für die Eiablage dienten. Eine davon enthielt 6 bis 15 Prozent Ethanol. Waren keine Wespen anwesend, legten die Weibchen ihre Eier überwiegend in der alkoholfreien Schale ab, in der die Schlupfrate höher ist. Setzten die Biologen weibliche Wespen der parasitoiden Art Leptopilina heterotoma dazu, einen natürlichen Feind der Fliegen, wählten die Fliegenweibchen überwiegend die alkoholhaltige Schale für die Eiablage. Bei Infektionsgefahr durch die Wespen nehmen die Fliegen also eine geringere Schlupfrate in Kauf, weil der Schutzeffekt des Alkohols größer ist als seine nachteilige Wirkung.
Auf männliche Wespen oder Wespenarten, die keine Fliegenlarven befallen, reagierten die Drosophila-Weibchen nicht mit einer Verhaltensänderung. Weitere Experimente bestätigten, dass die Fliegen ihren Feind am Anblick erkennen und dass dieses optische Signal den Spiegel eines Botenstoffs im Hirn absinken lässt. Das bewirkt die Alkoholpräferenz bei der Eiablage. Das einmal ausgelöste veränderte Verhalten dauert noch einige Tage an, auch wenn keine Wespe mehr sichtbar ist. Demnach erzeugt der Anblick der parasitoiden Wespe eine Information im Langzeitgedächtnis der Fliegen. Aus ähnlichen Versuchen mit mehreren anderen Spezies von Drosophila-Fliegen schließen die Forscher, dass sich dieses Verhalten zur Parasitenabwehr in der Evolution innerhalb der Gattung mehrmals unabhängig voneinander entwickelt hat.