Supraleitung statt Hochspannungskabel – Längenrekord in Essen
„Die breite Anwendung von HTS-Kabeln hängt davon ab, inwieweit es gelingen wird, das Preis-Leistungs-Verhältnis der HTS-Leitermaterialien zu verbessern, die Kabelherstellung sowie die Kosten und die Zuverlässigkeit der Kühltechnik zu optimieren“, schreibt das Team um Mathias Noe vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Die Forscher erwarten in der nahen Zukunft allerdings große technische Fortschritte und damit sinkende Kosten für das neue Einsatzfeld. An „AmpaCity“ sind neben dem KIT auch der Kabelhersteller Nexans und der Stromversorger RWE beteiligt.
Das neue dreiphasige Mittelspannungskabel ist für 10 Kilovolt und 40 Megawatt Übertragungsleistung ausgelegt. Für vergleichbare Werte müssten fünf Mittelspannungs-Kupferkabel parallel verlegt werden, was in Innenstädten problematisch ist, oder alternativ ein Hochspannungskabel.
Der Name Hochtemperatur-Supraleiter weist darauf hin, dass das Kabelmaterial schon bei relativ hohen Temperaturen – um minus 180 Grad Celsius – supraleitend wird. So lässt es sich mit günstigem flüssigem Stickstoff kühlen. Die ersten entdeckten Supraleiter hingegen funktionierten nur bei deutlich tieferen Temperaturen näher am absoluten Nullpunkt. Bei ihnen wurde teures flüssiges Helium notwendig. Ist das Kabelmaterial über seinen spezifische Sprungtemperatur heruntergekühlt, so wird es schlagartig supraleitend: Es setzt den wandernden Elektronen keinerlei Widerstand mehr entgegen und wird so quasi zum idealen Leiter. Mindestens hundertmal mehr Strom kann es transportieren als Kupfer, welches die Elektronen bremst – so dass sich das Kabel beim Stromdurchfluss erwärmt und elektrische Verluste verzeichnet.
Der Startschuss für das rekordträchtige Supraleitungsprojekt und weitere Optimierungen fällt am 19. Januar und soll den Karlsruher Forschern auch über die kommenden vier Jahre neue Erkenntnisse liefern. Im Rahmen von „AmpaCity“ untersuchen sie unter anderem auch unterschiedliche Kabelmaterialien und Isolierstoffe. Erstmals wird die Leitung kombiniert mit ebenfalls supraleitenden resistiven Strombegrenzern. Dank ihres Aufbaus unterbrechen sie den Strom im Falle von Überlast blitzartig, sind danach aber direkt wieder einsatzfähig. Bisherige Sicherungseinrichtungen müssen wieder eingerichtet oder ausgetauscht werden. Mittelfristig können HTS-Elemente in einem städtischen Stromnetz die Hochspannungsanlagen überflüssig machen, so die Forscher, und damit die Effizienz steigern, die Betriebs- und Instandhaltungskosten sowie den Flächenverbrauch senken.
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