Superkondensator – Mehr Strom dank Unordnung

In Sekunden aufladbare Stromspeicher profitieren von unregelmäßigen Strukturen innerhalb ihrer Kohlenstoff-Elektroden
Bessere Elektroden für Superkondensatoren: Materialforscherin Xinyu Liu zeigt Modelle für geordnetes Graphen und ungeordnete Kohlenstoff-Strukturen.
Bessere Elektroden für Superkondensatoren: Materialforscherin Xinyu Liu zeigt Modelle für geordnetes Graphen und ungeordnete Kohlenstoff-Strukturen.
© Nathan Pitt
Cambridge (Großbritannien)/Toulouse (Frankreich) - Aufgeladen binnen Sekunden und haltbar über hunderttausende Ladezyklen – diese herausragenden Eigenschaften zum Speichern von Strom bieten so genannte Superkondensatoren. Allerdings reichen ihre Speicherkapazitäten nur für einen Bruchteil des Stroms im Vergleich zu Lithium-Ionen-Batterien aus. Daher werden sie bisher nur selten, etwa in Elektroautos sogar fast nie eingesetzt. Doch britische und französische Forschende entdeckten nun einen Weg, um die Speicherkapazität der schnellen Stromspeicher deutlich zu steigern. Wie sie in der Fachzeitschrift „Science“ berichten, spielt dabei der ungeordnete Aufbau der Elektroden aus Kohlenstoff eine entscheidende Rolle.

„Superkondensatorren können Batterien ergänzen, nicht ersetzen“, sagt Alex Forse von der University of Cambridge. So eignen sie sich beispielsweise, genug Strom für die kurzen Beschleunigungsphasen von Elektroautos zu liefern. Daher suchte Forse gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Université Toulouse nach Wegen, um die Speicherkapazität der Superkondensatoren zu steigern. Ihren Fokus richteten sie auf die beiden Elektroden, in denen sich beim Aufladen auf einer Seite positive und auf der anderen Seite negative Ionen konzentrieren. Beim Entladen wandern diese Ionen wieder in die jeweils entgegengesetzte Richtung und liefern dabei für Sekunden bis wenige Minuten nutzbaren Strom. Im Unterschied zu Batterien laufen in Superkondensatoren keine elektrochmischen Reaktionen ab.

Für ihre Versuche nutzten die Forschenden Superkondensatoren mit Elektroden auf der Basis von Titan und Kohlenstoff. Bisher gingen viele Entwickler davon aus, dass besonders ordentlich strukturierte Kohlenstoffmaterialien wie etwa das zweidimensionale Graphen ideal für diese Stromspeicher seien. Doch die aktuellen Messreihen zeigten genau das Gegenteil: Je unordentlicher die Kohlenstoffatome in einer Elektrode angeordnet waren, desto höher war die Speicherkapazität der untersuchten Superkondensatoren. Ein Superkondensator mit der ungeordnesten Elektrode speicherte sogar die doppelte Strommenge im Vergleich zu einem Modul mit einer besonders ordentlichen Kohlenstoff-Struktur.

Für diese Einblicke in den Aufbau der Elektroden nutzten die Forschenden die Kernspinresonanz-Spektroskopie, auch NMR-Spektroskopie für „nuclear magnetic resonance“ genannt. Diese Methode offenbarte, wo die elektrisch geladenen Ionen im Kohlenstoffmaterial andockten. Bei geordneten Strukturen wanderten die Ionen vor allem in die winzigen, etwa ein bis zehn Nanometer kleinen Poren. Bei ungeordneten Strukturen fanden sich zunehmend auch Ionen außerhalb der Poren. Diese verschiedenen Orte scheinen wesentlich für die Speicherkapazität verantwortlich zu sein. Doch die genauen Ursachen kennt das Team um Alex Forse noch nicht , wollen diese Wissenslücke aber in weiteren Studien noch stopfen.

Doch auch ohne eine abschließende Erklärung dieses Phänomens ließe es sich für die Entwicklung von besseren Superkondensatoren schon heute nutzen. Gelingt eine deutliche Steigerung der Speicherkapazität, locken weitere Anwendungen dieser Stromspeicher, sogar in der Elektromobilität. Beispielsweise könnten E-Linienbusse im Stadtverkehr an jeder Station über Stromschleifen in der Straße schnell und kontaktlos aufgeladen werden. Der Strom reicht dann für die Fahrt zur nächsten Station, wo sich der Ladevorgang wiederholt. Auf schwere und teure Lithium-Ionen-Batterien könnten solche Busse sogar ganz verzichten.

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