Stechmücken: Schneller Take-off mit vollem Bauch

Nach der Blutmahlzeit gelingt Malariamücken ein unbemerkter Abflug, indem sie beim sanften Abstoßen mit den langen Beinen nur wenig Druck auf die Haut ausüben
Fotomontage vom Abflug einer Stechmücke nach der Blutmahlzeit
Fotomontage vom Abflug einer Stechmücke nach der Blutmahlzeit
© Florian Muijres, Wageningen University
Wageningen (Niederlande) - Für blutsaugende Mücken ist es überlebenswichtig, nach der Mahlzeit schnell und unbemerkt zu entkommen. Doch das durch die Nahrungsaufnahme stark erhöhte Körpergewicht erfordert einen verstärkten Kraftaufwand beim Take-off. Und damit steigt die Wahrscheinlichkeit, vom Wirt bemerkt und attackiert zu werden. Malariamücken haben daher eine spezielle Abflugtechnik für eine sichere Flucht entwickelt, wie ein niederländisch-amerikanisches Forscherteam jetzt berichtet. Während die langen Beine beim Strecken den Körper langsam anheben – und dabei nur wenig Druck auf die Haut ausüben – bewirkt der früh beginnende Flügelschlag ein sanftes und dennoch schnelles Abheben. Den Hauptenergieaufwand beim Abflug verlagern die Mücken also von den Beinen auf die Flügel, so dass der Wirt den Vorgang über seinen Tastsinn nicht wahrnehmen kann, schreiben die Forscher im „Journal of Experimental Biology“.

„Unsere Versuchsanordnung war ziemlich komplex“, sagt Florian Muijres von der Universität Wageningen. Mit drei in einer Plastikbox positionierten 3D-Hochgeschwindigkeitskameras erfasste sein Forscherteam das Abflugverhalten von 63 weiblichen Malariamücken (Anopheles coluzzii) unmittelbar nach dem Blutsaugen. Durch die Zufuhr an menschlichem Blut bei der Nahrungsaufnahme verdoppelten die Mücken ihr Körpergewicht. Nach der Mahlzeit flogen die Insekten von einer mit Sensoren ausgestatteten Plattform ab, um in einem abgedunkelten Bereich der Plastikbox Schutz zu suchen. Im Vergleich zu Mücken mit leerem Bauch hatte sich die gemessene Abfluggeschwindigkeit nur um 18 Prozent verringert.

Andere Fluginsekten ähnlicher Größe wie zum Beispiel Taufliegen stoßen sich beim schnellen Abflug kräftig mit den kurzen Beinen ab und beginnen gleichzeitig mit den Flügeln zu schlagen. Die Anophelesmücken dagegen setzten bereits 30 Millisekunden vor dem Abheben ihre Flügel in Bewegung. Dann streckten sie langsam ihre langen Beine, die daher noch vergleichsweise lange in Kontakt mit der Haut blieben. Zwar erreichen gleich große Mücken und Fliegen ähnliche Startgeschwindigkeiten. Doch vergleichende Messungen ergaben: Die mit den Beinen ausgeübte Kraft beim Abstoßen beträgt bei den Malariamücken nur 27 Prozent der Kraft, die Taufliegen dabei einsetzen. Anatomische Untersuchungen zeigten, dass Taufliegen über wesentlich kräftigere Beinmuskeln verfügen als die Stechmücken.

Indem sie 60 Prozent der zum Take-off benötigten Kraft – und damit deutlich mehr als die Fliegen – mit den Flügeln aufbringen und den Körper mit ihren langen Beinen ganz sacht anheben, erlangen die Malariamücken offenbar ihre Fähigkeit, mit vollem Bauch schnell und trotzdem unbemerkt abzufliegen. Wie exakte Messungen bestätigten, üben die Mücken beim Abflug nach dem Blutsaugen einen so geringen Druck auf die Haut aus, dass der erzeugte Reiz unter der Wahrnehmungsschwelle des Wirtes bleibt. Weitere Untersuchungen sollen nun prüfen, ob andere blutsaugende Insekten ähnliche Strategien beim Abfliegen entwickelt haben und wie die Blutsauger unbemerkt auf ihrem Wirt landen.

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