Selbstorganisation: Wie sich Mikroflöße von selbst zusammensetzen

Pilotexperiment zeigt, wie sich ein völlig selbstständiges Anordnen von Objekten kontrollieren lässt
Auf einem Wasserwirbel schwimmende Mikroscheiben setzen sich selbstständig zur einer symmetrische Struktur zusammen.
Auf einem Wasserwirbel schwimmende Mikroscheiben setzen sich selbstständig zur einer symmetrische Struktur zusammen.
© Wendong Wang
Stuttgart - Erbgutmoleküle, Polymerstränge und kolloide Kristalle verknüpfen sich völlig selbstständig zu komplexeren Strukturen. Dieses Phänomen der Selbstorganisation wird bereits in der Nanotechnologie, etwa beim so genannten DNA-Origami, genutzt. Wie sich die Prozesse besser kontrollieren und gezielt steuern lassen, untersuchte nun eine internationale Forschergruppe. In der Fachzeitschrift „Science Advances“ stellen die Wissenschaftler ein Experiment vor, mit dem sich die Anordnung winziger rotierender Scheiben zu größeren Strukturen gezielt steuern ließ.

„Unser Ziel ist es, sich selbst bauende Mikroroboter über eine programmierbare Selbstorganisation zu entwickeln“, sagt Wendong Wang vom Max-Planck-Institut für intelligente Systeme in Stuttgart. Gemeinsam mit seinen Kollegen belegte er die Machbarkeit in einem Grundlagenexperiment. Dazu fertigten die Wissenschaftler mit einem 3D-Drucker winzige Plastikscheiben, die sie auf einem Wasserfilm in einer Petrischale treiben ließen. Die schwimmenden Scheiben mit einem Durchmesser von nur hundert millionstel Metern waren am Rand an vier Stellen etwas ausgebeult. Dank dieser Form konnten sich die Plastikscheiben über anziehende Kapillarkräfte miteinander verbinden.

Zusätzlich waren die Scheiben mit einem dünnen magnetischen Kobaltfilm beschichtet. Auf diese Weise ließen sie sich mit einem rotierenden Magneten unter der Petrischale kontrolliert in Drehung versetzen. Rotierte der Magnet relativ schnell, wurden die Scheiben auseinander getrieben. Sank die Rotationsgeschwindigkeit, setzte der Prozess der Selbstorganisation ein: Nach und nach dockten die Scheiben jeweils an den Beulen über Kapillarkräfte aneinander an und formten komplexere Strukturen. Dabei gelang es sogar, eine vierzählige Symmetrie in der Struktur zu erzeugen, die unter natürlichen Bedingungen nicht möglich gewesen wäre.

Mit parallel durchgeführten Simulationen erkannten Wang und seine Kollegen, dass der Aufbau dieser Strukturen wesentlich von den wirkenden Kapillarkräften sowie von Größe und Form der ausgewölbten Beulen beeinflusst wurde. Damit zeigen die Forscher, dass sich der Prozess der Selbstorganisation durch vorher festgelegte Randbedingungen steuern lässt. In weiteren Versuchen will das Team sowohl Größe als auch Form der schwimmenden Scheiben noch mehr variieren, um das Potenzial der gesteuerten Selbstorganisation weiter auszuloten. In Zukunft könnte diese Methode für automatisch konfigurierbare Mikrosysteme, die selbstständige Anordnung von Mikroroboterschwärmen oder auch für veränderbare optische Komponenten im Mikrometermaßstab genutzt werden.

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