Schwerwiegender Schlafmangel

Studie bestätigt den Zusammenhang zwischen zu wenig Schlaf und Gewichtszunahme und findet Hinweise auf mögliche Mechanismen
Boulder (USA) - Dafür, dass Schlafdefizit und Gewichtszunahme häufig miteinander einhergehen, gibt es immer mehr Belege. US-Forscher bringen nun mit einer kleinen Studie, in der sie Energieverbrauch und -aufnahme von 16 Erwachsenen untersuchten, weitere Details zu diesem beobachteten Zusammenhang. Die Ergebnisse liefern Hinweise auf die zugrundeliegenden Mechanismen, berichten sie im Fachblatt „Proceedings of the American Acadamy of Sciences“. Schon eine relativ kurze Phase von nur fünf Tagen mit wenig Schlaf führte dazu, dass sich der Energiebedarf der Probanden um etwa fünf Prozent erhöhte. Infolgedessen aßen sie aber nicht nur so viel, wie sie für diesen gesteigerten Bedarf benötigten, sondern sogar mehr als das – was zu einer Gewichtszunahme führte. Dabei fiel das Frühstück zwar eher spärlich aus, doch nach dem Abendessen wurden noch reichlich Snacks mit hohem Gehalt an Kohlenhydraten, Eiweiß und Ballaststoffen verzehrt. Hormone, die mit der Regulierung von Appetit und Sättigungsgefühl zusammenhängen, scheinen dabei offenbar keine Rolle zu spielen, denn diese signalisierten eigentlich eine mehr als ausreichende Nahrungsaufnahme. Die Kalorienaufnahme reduzierte sich übrigens, wenn die Probanden wieder ausreichend Schlaf erhielten, und sie nahmen wieder ab oder hielten ihr Gewicht.

„Unsere Ergebnisse legen nahe, dass gesteigerte Nahrungsaufnahme während unzureichenden Schlafs eine physiologische Anpassung ist, um die notwendige Energie für das Aufrechterhalten der zusätzlichen Wachheit zu liefern“, schreiben Kenneth P. Wright Jr. von der University of Colorado in Boulder und seine Kollegen. Wenn Essen aber leicht zugänglich ist, übersteige die Aufnahme das Notwendige, so die Forscher. Sie hatten bei 16 Erwachsenen die Zusammenhänge zwischen Schlafmenge, Energieverbrauch, Kalorienzufuhr und Gewicht untersucht. Dazu teilten sie sie auf zwei Gruppen auf. Bei der einen war der Schlaf zunächst fünf Tage lang auf maximal fünf Stunden pro Nacht beschränkt; die anderen durften bis zu neun Stunden Nachtruhe genießen. Nach diesen fünf Tagen wechselten die Probanden zu den jeweils anderen Schlafbedingungen. Wright und seinen Kollegen legten ihr Augenmerk dabei nicht nur auf das Gewicht der Teilnehmer, sondern auch auf den Gesamtenergieverbrauch, die Kalorienaufnahme und bestimmte interne Hunger- und Sättigungsfaktoren wie die Hormone Ghrelin und Leptin.

Es stellte sich heraus, dass der Schlafmangel den Energiebedarf erhöhte. Das allein würde keine Gewichtszunahme erklären. Doch der Schlafentzug wirkte sich auch auf das Essverhalten aus: Insgesamt aßen die Teilnehmer mehr; vor allem der Verzehr an Kohlenhydraten stieg merklich an, insbesondere der abendliche. Nach dem Abendessen war die Kalorienaufnahme in Form von Kohlenhydraten, Eiweißen und Ballaststoffen 42 Prozent höher. Damit schossen sie aber deutlich über die Mengen hinaus, die notwendig wären, um den erhöhten Energiebedarf zu decken. Obwohl sich das Essverhalten also durchaus unterschied, zeigten die Hormonwerte ein ähnliches Muster. Und trotz der typischen Veränderungen, die eigentlich ein Sättigungsgefühl fördern und den Hunger reduzieren, aßen die Probanden bei Schlafentzug mehr.

Wechselten die Probanden von der Schlafmangel-Situation zu ausreichend Schlaf, reduzierte sich ihre Kalorienaufnahme wieder. „Diese Ergebnisse liefern Beweise dafür, dass Schlaf eine entscheidende Rolle für den Energie-Stoffwechsel spielen“, schreiben Wright und Kollegen. „Vor allem zeigen sie physiologische und verhaltensbedingte Mechanismen, durch die unzureichender Schlaf zu Übergewicht und Fettleibigkeit beitragen können.“ Bei Frauen wirkte sich der Schlafmangel übrigens ein wenig ungünstiger aus als bei Männern: „Frauen, nicht aber Männer“, so die Forscher, „hielten ihr Gewicht während des ausreichenden Schlafes, dagegen reduzierte unzureichender Schlaf die Zurückhaltung beim Essen und führte bei Frauen zu Gewichtszunahme.“

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