Schlaganfall: Neuartige Kombinationstherapie mit Stammzellen

Die zusätzliche Behandlung mit einem neuroprotektiven Protein fördert die Entwicklung neuer Hirnzellen aus transplantierten neuralen Stammzellen und verbessert die Motorik bei Mäusen
Das Protein 3K3A-APC verstärkt die Entwicklung funktionsfähiger Neuronen aus implantierten neuralen Stammzellen (rot gefärbt).
Das Protein 3K3A-APC verstärkt die Entwicklung funktionsfähiger Neuronen aus implantierten neuralen Stammzellen (rot gefärbt).
© Berislav Zlokovic, M.D., Ph.D., University of Southern California
Los Angeles (USA) - Nach einem Schlaganfall sterben Hirnzellen ab, die nicht mehr ersetzt werden können. Bisher ist es nicht gelungen, zerstörtes Hirngewebe mit Hilfe von Stammzellen zu regenerieren. Denn die aus den Stammzellen entstandenen Neuronen integrierten sich nicht dauerhaft in das Hirngewebe und überlebten meist nur kurze Zeit. Jetzt konnten amerikanische Mediziner bei Mäusen den Erfolg einer Stammzelltherapie durch ein zusätzlich verabreichtes Protein verbessern, das neu gebildete Hirnzellen schützt. Die neuen Zellen vernetzten sich über Synapsen mit vorhandenen Hirnzellen und stellten geschädigte Hirnfunktionen wieder her, wie die Forscher im Fachblatt „Nature Medicine“ berichten. Diese Kombinationstherapie könnte sich auch zur Behandlung von Rückenmarksverletzungen eignen.

„Wir haben gezeigt, dass das Protein 3K3A-APC den transplantierten Stammzellen dabei hilft, sich zu Neuronen zu entwickeln und Verbindungen zum Nervensystem herzustellen“, sagt Berislav Zlokovic von der University of Southern California in Los Angeles. 3K3A-APC ist eine veränderte Form des sogenannten Aktivierten Protein C (APC), einem Bestandteil des menschlichen Blutserums. In seiner normalen Form wirkt es gerinnungshemmend, dient aber auch als Botenstoff. So war aus Versuchen mit Zellkulturen bekannt, dass dieses Protein Signale erzeugt, die die Entwicklung von Neuronen aus neuralen Stammzellen und deren Überleben fördern. In Tierversuchen hatte die Behandlung mit 3K3A-APC einen Schutzeffekt für geschädigtes Gewebe des Gehirns und anderer Organe. Zudem wurde das Protein bereits in klinischen Studien verabreicht und erwies sich als gut verträglich.

Zlokovic und seine Kollegen überprüften nun erstmals, ob der Einsatz von 3K3A-APC den Erfolg einer Stammzelltherapie nach einem Schlaganfall verbessert. Durch Verschluss einer Hirnarterie erzeugten die Forscher bei Mäusen Schäden in einer definierten Hirnregion des Neocortex. Der damit simulierte ischämische Schlaganfall schädigte insbesondere motorische und sensorische Funktionen der Vorderbeine. Die Therapie begann sieben Tage später – beim Menschen entspräche das einer Verzögerung von mehreren Monaten. In die Randzonen des geschädigten Gewebes wurden menschliche neurale Stammzellen fötalen Ursprungs verpflanzt, die genetisch so verändert waren, dass die daraus hervorgehenden Hirnzellen durch Biolumineszenz sichtbar gemacht werden konnten. Mit Hilfe eines entsprechenden Bildgebungsverfahrens ließ sich also das Schicksal der Stammzellen über mehrere Zellteilungen verfolgen. In einem Zeitraum von sieben Tagen nach dem Schlaganfall verabreichten die Wissenschaftler den Tieren vier Injektionen von 3K3A-APC oder jeweils ein Placebo.

Nach vier Wochen war bei den Placebo-Mäusen der größte Teil der implantierten Zellen abgestorben. Bei den anderen Tieren hatte sich das Biolumineszenzsignal der neu entstandenen Hirnzellen innerhalb von fünf Wochen auf das 5,3-Fache verstärkt. Fünf Wochen nach der Hirnschädigung war durch die Kombinationstherapie die zuvor beeinträchtigte Motorik der Beine nahezu vollständig wiederhergestellt. Wurden durch ein spezielles Toxin die neu gebildeten Neuronen zerstört, blieb der Heileffekt aus. Untersuchungen des Hirngewebes zeigten, dass die neuen Hirnzellen über Synapsen Verbindungen zu Zellen des primär-motorischen Areals der Großhirnrinde hergestellt hatten. Daraus und aus direkten Funktionstests schließen die Forscher, dass die aus den Stammzellen entstandenen Neuronen Funktionen der zerstörten Hirnzellen übernommen hatten. Sie gehen davon davon, dass sich ihre Ergebnisse auf den Menschen übertragen lassen. „Die regenerative Medizin bietet mit dem Einsatz von Stammzellen eine vielversprechende Möglichkeit zur Behandlung des Schlaganfalls“, sagt Erstautor Yaoming Wang. Wenn eine geplante klinische Studie erfolgreich verläuft, könnte die Therapie auch bei Rückenmarksverletzungen und anderen neurologischen Erkrankungen zum Einsatz kommen.

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