Psychopillen für Kinder dreimal häufiger in den USA als in Europa
"Das Verschreiben von Antidepressiva und Stimulanzien lag in den USA drei- oder mehrfach höher als in den Niederlanden und Deutschland, während das Verschreiben von Antipsychotika anderthalb bis 2,2fach höher lag", erklärt Julie Zito, Medizinerin an der University of Maryland. Gemeinsam mit Kollegen in den beiden europäischen Ländern hatte sie die Verschreibungszahlen analysiert. Als Gründe für die unterschiedliche Handhabung diesseits und jenseits des Atlantiks präsentieren sie eine Vielzahl möglicher Gründe. So gebe es deutliche Unterschiede in den kulturellen Glaubensmustern, inwieweit Medikamente bei Problemen in Verhalten oder Gefühlsdingen eingesetzt werden sollten. Auch die Diagnosepraxis unterscheide sich: Der Trend in den USA, bei Kindern und Erwachsenen bipolare Störungen zu diagnostizieren, finde sich in Europa nicht wieder, so Zito, ebensowenig, dass Kindern innerhalb eines Jahres zwei oder mehr unterschiedliche Psychopharmaka verschrieben würden.
Außerdem dürfte "die Medikamentenwerbung, die in den USA üblicherweise direkt an die Verbraucher gerichtet ist, für einen Teil der Unterschiede sorgen. Und der gestiegene Medikamentenverbrauch in den USA spiegelt die individualistische und aktivistische Behandlungsmentalität der US-amerikanischen Medizinkultur wieder." Und schließlich erwähnen die Forscher einen Einfluss der staatlichen Kostenbeschränkungen in Europa und die deutlich höhere Zahl der Kinderpsychiater pro Einwohner in den USA.