Nanoröhrchen nach Wunsch: Molekulares Saatgut bestimmt die Struktur

Neues Zuchtverfahren beseitigt die bisher lästige Strukturvielfalt – Wichtiger Schritt für industrielle Anwendungen
Nanoröhrchen aus Kohlenstoff mit identischer Struktur, gezüchtet mit Hilfe von aromatischen Kohlenwasserstoffe auf einer Platinfläche (Grafik)
Nanoröhrchen aus Kohlenstoff mit identischer Struktur, gezüchtet mit Hilfe von aromatischen Kohlenwasserstoffe auf einer Platinfläche (Grafik)
© Empa / Universität Erlangen / Konstantin Amsharov
Dübendorf (Schweiz) - Transistoren, Akkus, Solarzellen oder hochfeste Seile: Nanoröhrchen aus Kohlenstoff eignen sich für zahlreiche Anwendungen. Doch bisher entsteht der vielseitige Nanowerkstoff in einer enormen Vielfalt mit über hundert verschiedenen Strukturen und unterschiedlichen Eigenschaften. Dieses Wirrwarr bildet bisher für die wirtschaftliche Nutzung eine große Hürde, die schweizerische Wissenschaftler nun mit einem neuen Zuchtfahren überwinden konnten. Wie sie in der Fachzeitschrift „Nature“ berichten, gelang ihnen die gezielte Fertigung von Nanoröhrchen mit identischer Struktur. Diese Methode hat ein enormes Potenzial, um Nanoröhrchen mit genau der gewünschten Struktur und den davon abhängigen Eigenschaften zu produzieren.

„Winzige Variationen in der Struktur der Nanoröhrchen führen etwa zu Änderungen der elektronischen Eigenschaften“, erläutern Juan Ramon Sanchez-Valencia und seine Kollegen vom Institut für Materialforschung Empa in Dübendorf. Genau diese Variationen bekamen die Forscher nun in den Griff: Über einen vielstufigen Prozess deponierten sie spezielle aromatische Kohlenwasserstoffe als eine Art Zuchtsamen für Nanoröhrchen auf einer hochreinen Platinunterlage. Dieses Platinplättchen setzten sie in eine etwa 500 Grad Celsius heiße Dampfwolke aus dem Alkohol Ethanol. Aus dieser Wolke dockten Kohlenstoffatome an die Molekül-Samen an. Nach und nach wuchsen kurze, einwandige Nanoröhrchen aus purem Kohlenstoff.

Dieses Wachstum konnten die Physiker mit Hilfe der sogenannten Raman-Spektroskopie unmittelbar verfolgen. Die fertigen Nanoröhrchen untersuchten sie außerdem mit einem Rastertunnelmikroskop. Das Ergebnis: Auf der Platinfläche wuchsen ausschließlich metallisch leitende Nanoröhrchen senkrecht in die Höhe. Alle zeigten eine völlig identische Struktur und gleiche physikalische Eigenschaften.

„Diese Arbeit von Sanchez-Valencia und seinen Kollegen repräsentiert einen herausragenden Durchbruch für die Synthese einwandiger Nanoröhrchen aus Kohlenstoff“, beurteilt James M. Tour von der Rice University in Houston die Relevanz dieser Forschungsergebnisse. Dies sei der erste Schritt, um Nanoröhrchen mit Wunscheigenschaften zu züchten. Gelingt der Weg zur Massenproduktion, würde ein gutes Kilogramm „Saatgut“ aus organischen Molekülen ausreichen, um mehr als fünf Tonnen einwandige Nanoröhrchen produzieren zu können.

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