Metastabiles Wasser

„Flüssiges Wasser ist bei extrem kalten Temperaturen nicht nur relativ stabil, sondern es existiert auch in zwei verschiedenen Strukturvarianten“, sagt Greg Kimmel vom Pacific Northwest National Laboratory in Richland. Gerade diese beiden Varianten mit unterschiedlichen Dichten ermöglichen den ungewöhnlichen, metastabilen Zustand des Wassers. Zwischen minus 28 und minus 138 Grad veränderte sich lediglich das Mengenverhältnis zwischen den Strukturvarianten.
Für diese Erkenntnis entwickelte Kimmel zusammen mit seinen Kollegen ein ausgeklügeltes Experiment: Auf einer tiefkalten Oberfläche ließen sie einen hauchdünnen Wasserfilm gefrieren. Mit extrem kurzen Laserblitzen heizten sie dieses Wasser wiederholt auf minus 138 bis minus 28 Grad Celsius auf. Dabei taute das Eis und eine Schicht flüssigen Wassers bildete sich für wenige Nanosekunden. Bei diesen schnellen Wechseln zwischen fest und flüssig ermittelten die Forscher, wie stark die dünnen Wasserschichten Wärmestrahlung absorbierten. Diese Infrarot-Spektroskopie lieferte Daten über die Konfuguration der Wasserstoff-Bindungen im Wassermolekül. Daraus konnten die Forscher auf die beiden unterschiedlich dichten Strukturvarianten schließen.
Diese allerersten Messungen an flüssigem und extrem stark unterkühltem Wasser bestätigten theoretische Modelle, die für die Erklärung der metastabilen Zustände von unterschiedlichen Strukturvarianten ausgegangen sind. Die Ergebnisse können nun die Existenz von flüssigem Wasser etwa am tiefkalten Rande der Erdatmosphäre erklären. Zudem liefern sie neue Details für die Entstehung von Graupel, bei dem sich in oberen Luftschichten unterkühltes, flüssiges Wasser an Schneekristalle bindet und bis zu fünf Millimete große Klumpen bildet.