Memristor: Schwitzende Haut "rechnet" wie elektronisches Schaltmodul

Ionen im Schweiß reagieren auf elektrische Spannungen und zeigen ein "Widerstands-Gedächtnis"
Schwitzende Haut als Schaltkreis
Schwitzende Haut als Schaltkreis
© Bibikoff/Wiki Commons
Oslo (Norwegen) - Erst vor drei Jahren entstand in den USA der weltweit erste Memristor. Dieser Zwitter aus elektrischem Widerstand und Speicherelement gilt als ein neues, fundamentales Modul, das zu komplexen, nichtflüchtigen Arbeitsspeichern führen könnte. Jetzt zeigen norwegische Forscher: Die menschliche Haut bietet genau die gleichen Schalteigenschaften und bildet einen natürlichen, bislang unentdeckten Memristor. Ihre Entdeckung beschreiben die Wissenschaftler im renommierten Fachblatt "Physical Review E".

"Wir konnten zeigen, dass das nicht-lineare Widerstandsverhalten von Schweißkapillaren mit einem Memristor-Schaltkreis modelliert werden kann", schreiben Gorm Johnson und seine Kollegen von der Universität Oslo. Für ihre Versuche setzten sie mehrere Elektroden auf einen nackten Arm. Danach ließen sie kleine Ströme mit positiver und negativer Spannung über die Haut fließen. Das Ergebnis: durch positive Spannungen stieg die elektrische Leitfähigkeit der Haut an, eine negative Spannung erhöhte dagegen den elektrischen Widerstand. Wie folgende Messungen ergaben, konnte sich die Haut beide Zustände für einige Zeit merken. Genau dieses Verhalten zeigen auch die ersten Memristoren, die vor drei Jahren der Physiker Stanley Williams vom Hewlett-Packard-Forschungszentrum in Palo Alto entwickelt hatte.

Die Ursache für dieses Schalt- und Speicherverhalten fanden Johnson und Kollegen im Schweiß auf der Haut. Denn im Schweiß befinden sich positiv geladene Natrium-Ionen, die wesentlich für die elektrische Leitfähigkeit verantwortlich sind. Bei einer positiven Spannung wurden die gleichgeladenen Ionen verstärkt in die Schweißkapillaren zurückgedrückt. Die Folge: der elektrische Widerstand erhöhte sich und die elektrische Leitfähigkeit sank. Gereizt durch eine negative Spannung zeigte die Haut genau den entgegengesetzten Effekt.

Trotz dieses Memristor-Verhaltens wollen die Forscher nun aber keine Schaltkreise auf der Haut von Menschen konstruieren. Doch da sich mit einem Memristor-Modell die elektrischen Eigenschaften von Haut besser fassen lassen, rechnen sie mit Anwendungen in der Medizin. Mit ausgeklügelten Spannungs-Tests ließen sich beispielsweise krankhafte Hautveränderungen leichter diagnostizieren. Parallel wird nicht nur bei Hewlett-Packard, sondern auch in anderen Halbleiter-Laboren weiter an besseren, logischen Schaltkreise mit Memristoren gearbeitet. Die Hoffnungen reichen weit. Denn mit dem Memristor erwarten die Forscher das Verhalten von Hirnzellen besser imitieren und auf dieser Basis leistungsfähigere Prozessoren fertigen zu können.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "Memristive model of electro-osmosis in skin", G. K. Johnsen et al., Physical Review E, im Druck

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