Meerwasser zähmt Santorin-Vulkan

Sinkende Meeresspiegel während vergangener Eiszeiten triggerten Vulkanausbrüche auf der griechischen Inselgruppe
Sinkende Meeresspiegel während vergangener Eiszeiten triggerten Vulkanausbrüche auf der griechischen Inselgruppe von Santorin.
Sinkende Meeresspiegel während vergangener Eiszeiten triggerten Vulkanausbrüche auf der griechischen Inselgruppe von Santorin.
© Ralf Gertisser, Keele University
Oxford (Großbritannien) - Jedes Jahr ziehen die malerischen Inseln der griechischen Santorin-Gruppe etwa 120 Kilometer nördlich von Kreta abertausende Touristen an. Das attraktive Archipel umgibt dabei die eingestürzte Magmakammer, die Caldera, eines bis heute aktiven Vulkans. Nicht nur die Dynamik im Erdinneren, sondern auch die Höhe des Meeresspiegels beeinflusste seine Ausbrüche in den vergangenen 360.000 Jahren maßgeblich. Diesen Zusammenhang ermittelten nun erstmals britische Wissenschaftler und berichten über ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Nature Geoscience“.

„Der Meeresspiegel scheint auf einer Zeitskala von abertausenden Jahren der dominierende Faktor für die Zeitpunkte der Ausbrüche auf Santorin zu sein“, sagt Chris Satow von der Oxford Brookes University. Gemeinsam mit seinen Kollegen analysierte er dazu die aus Sedimentablagerungen und historischen Aufzeichungen gut dokumentierten Ausbrüche und schwankenden Höhen des Meeresspiegels seit 360.000 Jahren. So konnten die Geowissenschaftler allein 208 von insgesamt 211 untersuchten Ausbrüchen den Phasen ausgesprochen tiefer Meeresspiegel während der vergangenen Eiszeiten zuordnen.

Die Ursache für diesen Zusammenhang ist aus Sicht der Forscher relativ einfach zu erkennen. Mit Hilfe von geologischen Modellen ermittelten Satow und Kollegen die Last, die die Wassermassen auf die in etwa vier Kilometer Tiefe liegende Magmakammer des Vulkans ausübten. Je tiefer der Meeresspiegel war, desto weniger Wasser drückte auf die Magmakammer. Und je weniger Last auf sie wirkte, desto eher konnte Magma durch entstehende Brüche im Gestein an die Erdoberfläche gelangen und einen Vulkanausbruch einleiten. Ihre Berechnungen ergaben, dass ein im Vergleich zu heute etwa 40 Meter tieferer Meeresspiegel einen Ausbruch des Vulkans deutlich erleichterte. Im Laufe der ausgeprägten Eiszeiten während der vergangenen Jahrtausende sank der Meeresspiegel im Mittelmeer sogar um bis zu 110 Metern. Diese Phasen korrelierten besonders stark mit einem intensiveren Ausbruchverhalten.

Diese Studie mag auf den ersten Blick für heute keine allzu große Bedeutung haben. Denn der Meeresspiegel bewegt sich auf einem hohen Niveau und steigt in Folge des Klimawandels sogar weiter an. Tatsächlich gab es vor zehn Jahren Anzeichen, dass sich die Magmakammer füllte und einen Ausbruch erwarten ließ. Doch blieb dieser bis heute aus. „Das könnte mit dem derzeit hohen Meeresspiegel zusammenhängen“, sagt Satow. Doch er warnt, dass gewaltige, explosive Ausbrüche selbst von einer großen Wasserlast kaum verhindert werden könnten.

Insgesamt befinden sich die Vulkane auf der Erde zu 57 Prozent im Meer oder in küstennahen Gebieten. Für diese ist es naheliegend, dass schwankende Meeresspiegel einen Einfluss auf das Ausbruchsverhalten haben könnten. So liefert die aktuelle Studie eine Art Korrekturfaktor, um die Zeitpunkte der oft in groben Zyklen auftretenden Ausbrüche besser verstehen und einordnen zu können. Und dieses Verständnis sollte zu einer genaueren Abschätzung der aktuellen Ausbruchrisiken führen.

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