Mechanismus entdeckt: Wie Darmbakterien das Körpergewicht beeinflussen

Sinkt die Zahl an Milchsäurebakterien und Clostridien, wird ein Reaktionsweg im Darm gehemmt, der den Fettstoffwechsel kontrolliert
Darmkeime spielen eine lange unterschätzte Rolle bei der Regulation des Körpergewichts.
Darmkeime spielen eine lange unterschätzte Rolle bei der Regulation des Körpergewichts.
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Bethesda (USA) - Das von Mensch zu Mensch unterschiedliche Artenspektrum an Darmkeimen hat wahrscheinlich einen großen Einfluss auf die Regulation des Körpergewichts. Das legen Ergebnisse von Experimenten mit Mäusen nahe, die mit einem speziellen Antioxidans behandelt wurden. Der Wirkstoff Tempol ließ den Anteil an Milchsäurebakterien und Clostridien unter den Darmkeimen stark sinken. Dadurch erhöhte sich im Darm der Gehalt an bestimmten Gallensäuren, die normalerweise von diesen Bakterien abgebaut werden. Das wiederum hemmte einen wichtigen Signalweg in den Darmzellen, was die Entwicklung von Fettleibigkeit und Diabetes förderte, berichten amerikanische Forscher im Fachblatt „Nature Communications“. Demnach wäre die Hemmung dieses Signalwegs möglicherweise ein neuer Ansatz für eine Therapie gegen Übergewicht und anderer damit verbundener Stoffwechselkrankheiten.

„Durch welchen Mechanismus der FXR-Signalweg im Darm die Entwicklung von Fettleibigkeit beeinflusst, ist noch nicht vollständig erforscht“, schreiben Frank Gonzalez vom National Cancer Institute in Bethesda und Kollegen. Es sei aber bekannt, dass das Protein Farnesoid-X-Rezeptor (FXR) Teil einer biochemischen Reaktionskette ist, die den Fett- und Zuckerstoffwechsel reguliert. Mäuse, denen dieser Rezeptor fehlte, verhielten sich so wie normale Mäuse, die mit ihrer Nahrung Tempol einnahmen: Sie wurden auch bei kalorienreicher Ernährung nicht mehr fett und behielten einen niedrigen Blutzuckerspiegel.

Diese Wirkung erzielte das Tempol indirekt, indem es das Spektrum der Bakterienarten im Darm veränderte. Schon nach fünf Tagen waren die Milchsäurebakterien der Gattung Lactobacillus im Blinddarm nahezu ganz verschwunden. Zusätzlich sank die Zahl an Clostridien. Beide Bakteriengruppen produzieren Enzyme, die im Darm enthaltene Verbindungen von Gallensäuren abbauen. Findet dieser Abbau nicht mehr in ausreichendem Maß statt, steigt deren Konzentration stark an. Und das hemmt die Funktion des FXR-Proteins in den Darmzellen, wie die Forscher schließlich nachweisen konnten. Eine Hemmung des FXR-Signalwegs auf direktem Weg durch andere Wirkstoffe wäre daher vielleicht eine Möglichkeit, Fettleibigkeit zu verhindern oder zu behandeln. Noch ist allerdings nicht erwiesen, ob die mit Mäusen erzielten Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind.

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