Es gibt nur drei Darmtypen von Menschen
"Die drei Darmtypen können erklären, warum sich die Aufnahme von Nährstoffen und Medikamenten von Mensch zu Mensch unterscheidet", sagt Jeroen Raes von der Vrije Universiteit Brussel, ein Mitglied der Forschergruppe. Darmbakterien bilden mit dem Menschen eine enge Lebensgemeinschaft zu gegenseitigem Nutzen. Im Austausch gegen Schutz und Nahrung produzieren die Mikroben Vitamine, verbessern die Verdauung und verhindern das Eindringen von Krankheitserregern. Erst modernste Techniken der DNA-Analyse ermöglichten es, die Artenvielfalt der Darmbakterien eines Menschen zuverlässig zu ermitteln. Dazu werden spezielle DNA-Abschnitte sämtlicher Bakterien, die in einer Stuhlprobe enthalten sind, sequenziert. Die Computer-unterstützte Auswertung ergibt dann, von welchen Arten, Gattungen und Familien der Mikroben die DNA stammte.
Vitaminproduktion und Nahrungsverwertung hängen vom Darmtyp ab
Auf diese Weise analysierten die Forscher Stuhlproben von 22 Menschen aus Dänemark, Frankreich, Italien und Spanien. Zusätzlich nutzten sie bereits bekannte Daten von amerikanischen und japanischen Probanden. Jedes der so ermittelten so genannten Mikrobiome, das jeweils eine Mikrobengemeinschaft eines Menschen charakterisiert, ließ sich einer von drei Gruppen zuordnen, die nach der dominierenden Bakterienart benannt wurde: Bacteroides-Darmtyp 1, Prevotella-Darmtyp 2 und der am häufigsten vertretene Ruminococcus-Darmtyp 3. Die Mikroben von Darmtyp 1 sorgen für eine besonders effektive Verwertung von Kohlenhydraten und Proteinen und produzieren vermehrt die Vitamine B2, B5 und C. Dagegen setzen die Mikroben vom Prevotella-Typ verstärkt die Vitamine Thiamin und Folsäure frei.
Die unterschiedlichen Darmtypen sind vergleichbar mit Ökosystemen in der Natur, wie beispielsweise tropischen Regenwäldern oder Savannen, in denen sich jeweils ein anderes stabiles Gleichgewicht zwischen verschiedenen Lebensformen entwickelt hat. Zwar lassen sich die einzelnen Darmtypen nicht so scharf voneinander abgrenzen wie etwa die Typen von Blutgruppen. Dennoch sind sie ein individuelles stabiles Merkmal eines Menschen. Die Forscher wissen noch nicht, wie die jeweilige Mikrobengemeinschaft im Darm entsteht, warum sich bei dem einen diese, bei anderen andere Keimpopulationen entwickeln. Ernährungsgewohnheiten seien wahrscheinlich nicht die Ursache. Auch Nationalität, Geschlecht, Alter und Body-Mass-Index (BMI) standen in keiner engen Beziehung zu den Darmtypen. Allerdings gab es über die Darmtypen hinweg spezielle Bakterienarten und Gene, deren Anwesenheit mit dem Geschlecht, dem Alter oder dem Körpergewicht in Verbindung stand. So erhöhen wahrscheinlich bestimmte Kombinationen von Keimarten, die Nährstoffe besonders gut verwerten, das Fettleibigkeitsrisiko. Diesem Zusammenhang wollen die Forscher in einer neuen Studie mit mehr als hundert Teilnehmern weiter nachgehen.