Lebende Knäuel aus Würmern als Vorbild für eine neue Materialklasse
In der Natur können sich Glanzwürmer – Lumbriculus variegatus – innerhalb weniger Minuten zu komplexen Knäuel anordnen. Diese Knäuel bestehen aus bis zu 50.000 Würmern, die sich so gegenseitig warm halten. Bei Gefahr jedoch schaffen sie es, ihr Knäuel in Bruchteilen von Sekunden aufzulösen und zu flüchten. Genau dieses einzigartige Verhalten analysierte nun das Team um Vishal P. Patil von der Stanford University genauer.
Mit Ultraschallwellen untersuchten die Forschenden lebende Knäuel aus einigen Dutzend Glanzwürmern. So konnten sie die Struktur dieser verschlungenen Materie entschlüsseln. So neigen einzelne Würmer dazu, mit möglichst vielen benachbarten Würmern im direkten Kontakt zu stehen. Bei der extrem schnellen Auflösung dieser Knäuel zeigte sich eine wellenartige, kollektive Bewegung. Die wirkte quasi als Signal für die Würmer, die Knäuelstruktur zu verlassen.
Patil und seinem Team gelang es danach, dieses Verhalten in einem Computermodell zu simulieren. Auch die sich spiralförmig ausbreitenden Wellen vor der Auflösung eines Knäuel ließen sich so nachstellen. Diese Detailanalyse des kollektiven Verhaltens der Würmer könnte nach Meinung der Forschenden zu einer neuen Klasse so genannter topologischer Materialien führen. Diese hätten das Potenzial, ihre physikalischen Eigenschaften abhängig von der Knäuel-Struktur gezielt zu verändern. Doch die aktuelle Wurmanalyse ist nur ein allererster Schritt hin zur Entwicklung solcher topologischen, sich selbst organisierende Materialien.