Hilfe zur Selbsthilfe rettet Darwinfinken vor Blutsaugern

„Wir versuchen den Vögeln zu helfen, sich selbst zu helfen“, sagt Dale Clayton von der University of Utah, Seniorautor der Studie. Die parasitischen Fliegen gelangten vermutlich mit Schiffen und Booten vom Festland auf die Galapagosinseln, tauchten in den 1990er Jahren in großer Zahl auf und befielen beinahe sämtliche Landvögel. „Die Vögel hatten keine gemeinsame Geschichte mit diesen Fliegen und sind daher leichte Beute für sie“, erläutert Clayton. „Aus Sicht der Vögel kamen diese Dinger vom Mars.“ Fliegen der Art Philornis downsi legen ihre Eier in die Nester der Finken und deren Larven ernähren sich dann vom Blut der Küken und der Mutter. Nicht wenige Küken überleben einen Befall nicht, wodurch einige der Darwinfinkenspezies inzwischen stark bedroht sind. „In manchen Jahren“, erzählt Claytons Kollegin Sarah Knutie, „starben 100 Prozent der Darwinfinken-Nestlinge als direkte Folge der Parasiten.“
Also überlegten sich die Biologen einen neuen Ansatz, um die Vögel im Kampf gegen die Blutsauger zu unterstützen. Sarah Knutie, der Erstautorin der Studie, war vor einigen Jahren bei einem Aufenthalt auf den Galapagosinseln aufgefallen, dass die Finken unter anderem Baumwollfasern von den Wäscheleinen stibitzen – für den Nestbau, vermutete sie. Frühere Studien, welche die Forscher auch in eigenen Experimenten noch nachvollziehen konnten, hatten zudem gezeigt, dass das Besprühen mit einer Permethrin-Lösung – einem Insektizid, das etwa auch in Kopflausmitteln enthalten ist – die blutsaugenden Fliegenlarven beseitigt. Und nach dieser Behandlung überlebten tatsächlich auch mehr Küken. Sie ist aber sehr aufwendig und stört zudem beim Brüten. Also testeten die Forscher, ob die Vögel mit dem Insektizid behandelte Baumwolle als Nestbaumaterial akzeptieren und ob dies die erwünschte Wirkung auf die Larven hat.
Dazu platzierten sie auf der Galapagosinsel Santa Cruz in einem von unterschiedlicher Arten von Darwinfinken besiedelten Gebiet 30 Baumwollspender im Abstand von 40 Metern – immer abwechselnd befüllt mit Baumwolle, die mit Permethrin, und Baumwolle, die als Kontrolle diente und mit Wasser behandelt war. Im Studienzeitraum zwischen Januar und April 2013 suchten sie einmal wöchentlich im Umkreis von 20 Metern um jeden Spender nach aktiven Nestern, indem sie mit einer Kamera auf einem langen Stock prüften, ob dort gebrütet wurde. Um die Finken möglichst wenig zu stören, sammelten die Biologen erst nach Beenden des Brütens die Nester ein und untersuchten sie auf das Vorkommen von Baumwolle und Parasiten. In ihrem Versuchgebiet entdeckten die Forscher 26 Nester, von denen in 22 tatsächlich die gespendete Baumwolle verbaut worden war. In 13 davon fand sich die Permethrin-Baumwolle, in 9 die nur mit Wasser behandelte Baumwolle. Da die Finken für gewöhnlich nicht weiter als 20 Meter im Umkreis um ihr Nest nach Baumaterialien suchen, fand sich stets nur eine der beiden Baumwollsorten pro Nest.
Tatsächlich hatte die Permethrin-Baumwolle eindeutig Wirkung gezeigt: Während sich in den Kontrollnestern im Schnitt 30 Larven tummelten (plus/minus 8), waren es in den 13 Nestern mit dem Insektizid nur durchschnittlich 15 (plus/minus 10). Mit steigender Menge wurde der Schutzeffekt aber umso stärker: War mindestens ein Gramm der Permethrin-Baumwolle verbaut worden, steigerte dies die Effektivität deutlich. Die meisten waren dann sogar völlig frei von Parasiten: In acht dieser Nester fanden sich gar keine Blutsauger mehr, in einem lediglich noch vier. „Neue Parasiten und Krankheiten sind eine wachsende Bedrohung“, erläutert Knutie. „Viele Tiere können sich gegen solche Parasiten nicht selbst verteidigen und sind auf unsere Hilfe angewiesen, effektive Möglichkeiten zu entwickeln, um sie zu schützen.“ Die Methode, die Tiere zu ermuntern, sich insektizidgetränktes Nistmaterial ins Nest zu holen und damit unbewusst selbst zu behandeln, sei eine einfache und rasche Lösung, Darwinfinken und auch andere Vögel im Kampf gegen Parasiten zu unterstützen.