Grippeschutz durch Nasenspray

Lokale Gentherapie bewirkt Produktion von Antikörpern in der Nasenschleimhaut, die zahlreiche Typen von Influenzaviren abwehren können
Adeno-assoziierte Viren (AAV) haben sich als Genfähren bewährt.
Adeno-assoziierte Viren (AAV) haben sich als Genfähren bewährt.
© Peter Bell, Perelman School of Medicine, University of Pennsylvania
Philadelphia (USA) - Eine Grippeimpfung, die vor Infektionen mit sämtlichen Typen von Influenzaviren schützt, gibt es noch nicht. Deshalb ist jedes Jahr eine neue Impfung nötig. Aber amerikanischen Medizinern ist es jetzt gelungen, auf andere Weise einen umfassenden Impfschutz zu erzeugen. Sie behandelten Mäuse und Frettchen mit einem Nasenspray, das genetisch veränderte Viren enthielt. Diese sogenannten Adeno-assoziierten Viren – die selbst keine Krankheitserreger sind – übertrugen ein Gen in die Zellen der Nasen- und Rachenschleimhaut, das die Produktion von Antikörpern bewirkte. Das schützte die Tiere vor einer ansonsten tödlichen Dosis unterschiedlicher Grippeviren – darunter auch solche vom Typ der Erreger der Spanischen Grippe von 1918. Diese Form einer lokalen Gentherapie wäre für einen Masseneinsatz geeignet und schnell verfügbar, wenn die Ausbreitung einer neuen, lebensbedrohenden Art von Influenzaviren droht, schreiben die Forscher im Fachjournal „Science Translational Medicine“.

„Mit dieser neuartigen Technik konnten wir einen Impfstoff für eine prophylaktische, passive Impfung entwickeln, der kostengünstig, leicht zu verabreichen und schnell herzustellen ist“, sagt Anna Tretikova aus dem Forscherteam von James Wilson an der University of Pennsylvania in Philadelphia. Bei der üblichen jährlichen Grippeimpfung handelt es sich um eine aktive Immunisierung. Dabei wird das Immunsystem dazu angeregt, Antikörper zu produzieren, die gegen eine im Impfstoff festgelegte Auswahl von Virustypen wirksam sind. Vor ganz neuen Arten von Influenzaviren, die oftmals aus Haustieren stammen und sich an den Menschen angepasst haben, schützen diese Impfungen nicht. Prinzipiell wären menschliche Immunzellen durchaus in der Lage, spezielle Antikörper zu bilden, die nahezu sämtliche Varianten von Grippeviren blockieren, indem sie an unveränderlichen Strukturen der Virushülle angreifen. Bisher ist es aber noch nicht gelungen, einen Impfstoff zu entwickeln, der die Produktion solcher Antikörper auslöst. Diese können zwar im Labor hergestellt und direkt injiziert werden, für einen massenhaften Einsatz wäre das jedoch nicht praktikabel und zu teuer.

Die Forscher um Wilson gingen daher einen anderen Weg. Durch passive Immunisierung mit Hilfe einer Gentherapie konnten sie bei Versuchstieren einen Rundumschutz vor Grippeinfektionen erzielen. Dazu bauten die Forscher das Gen des umfassend wirksamen Antikörpers in Adeno-assoziierte Viren (AAV9) ein, die sich in verschiedenen klinischen Studien bereits als Gen-Taxi bewährt haben. Bei anderen Formen der Gentherapie werden diese Viren mit dem Blutkreislauf im ganzen Körper verteilt. Aber in diesem Fall ersetzten die Wissenschaftler die Spritze durch ein Nasenspray, damit die Genübertragung lokal begrenzt erfolgt. Die Adeno-assoziierten Viren übertrugen das Antikörper-Gen nur in die Schleimhautzellen von Nase und Rachen – die Zellen, die von den Grippeviren als erstes befallen werden. Diese Zellen setzten dann auch die schützenden Antikörper frei. Die so behandelten Mäuse und Frettchen überlebten Infektionen mit Influenzaviren vom Typ H5N1 und H1N1, während unbehandelte Tiere starben.

Nicht nur als Schutzmaßnahme bei einer drohenden Grippepandemie könnte diese Form des Infektionsschutzes Leben retten. Die Gentherapie würde auch Menschen, deren Immunabwehr aufgrund ihres hohen Alters oder einer Krankheit geschwächt ist, vor der saisonalen Grippewelle schützen. Eine weitere Einsatzmöglichkeit sehen die Forscher in einer Abwehr von Biowaffen, durch die Viren über die Atemwege in den Körper gelangen. Zunächst sollen aber weitere Arbeiten zeigen, wie sicher die Behandlung für den Menschen ist und wie lange der Infektionsschutz anhält.

© Wissenschaft aktuell


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg