Grippeschutz durch Nasenspray
„Mit dieser neuartigen Technik konnten wir einen Impfstoff für eine prophylaktische, passive Impfung entwickeln, der kostengünstig, leicht zu verabreichen und schnell herzustellen ist“, sagt Anna Tretikova aus dem Forscherteam von James Wilson an der University of Pennsylvania in Philadelphia. Bei der üblichen jährlichen Grippeimpfung handelt es sich um eine aktive Immunisierung. Dabei wird das Immunsystem dazu angeregt, Antikörper zu produzieren, die gegen eine im Impfstoff festgelegte Auswahl von Virustypen wirksam sind. Vor ganz neuen Arten von Influenzaviren, die oftmals aus Haustieren stammen und sich an den Menschen angepasst haben, schützen diese Impfungen nicht. Prinzipiell wären menschliche Immunzellen durchaus in der Lage, spezielle Antikörper zu bilden, die nahezu sämtliche Varianten von Grippeviren blockieren, indem sie an unveränderlichen Strukturen der Virushülle angreifen. Bisher ist es aber noch nicht gelungen, einen Impfstoff zu entwickeln, der die Produktion solcher Antikörper auslöst. Diese können zwar im Labor hergestellt und direkt injiziert werden, für einen massenhaften Einsatz wäre das jedoch nicht praktikabel und zu teuer.
Die Forscher um Wilson gingen daher einen anderen Weg. Durch passive Immunisierung mit Hilfe einer Gentherapie konnten sie bei Versuchstieren einen Rundumschutz vor Grippeinfektionen erzielen. Dazu bauten die Forscher das Gen des umfassend wirksamen Antikörpers in Adeno-assoziierte Viren (AAV9) ein, die sich in verschiedenen klinischen Studien bereits als Gen-Taxi bewährt haben. Bei anderen Formen der Gentherapie werden diese Viren mit dem Blutkreislauf im ganzen Körper verteilt. Aber in diesem Fall ersetzten die Wissenschaftler die Spritze durch ein Nasenspray, damit die Genübertragung lokal begrenzt erfolgt. Die Adeno-assoziierten Viren übertrugen das Antikörper-Gen nur in die Schleimhautzellen von Nase und Rachen – die Zellen, die von den Grippeviren als erstes befallen werden. Diese Zellen setzten dann auch die schützenden Antikörper frei. Die so behandelten Mäuse und Frettchen überlebten Infektionen mit Influenzaviren vom Typ H5N1 und H1N1, während unbehandelte Tiere starben.
Nicht nur als Schutzmaßnahme bei einer drohenden Grippepandemie könnte diese Form des Infektionsschutzes Leben retten. Die Gentherapie würde auch Menschen, deren Immunabwehr aufgrund ihres hohen Alters oder einer Krankheit geschwächt ist, vor der saisonalen Grippewelle schützen. Eine weitere Einsatzmöglichkeit sehen die Forscher in einer Abwehr von Biowaffen, durch die Viren über die Atemwege in den Körper gelangen. Zunächst sollen aber weitere Arbeiten zeigen, wie sicher die Behandlung für den Menschen ist und wie lange der Infektionsschutz anhält.