Greifbare Daten

Im 3D-Drucker gefertigte Modelle stellen hochaufgelöste Bilddaten naturgetreuer nach als simulierte 3D-Ansichten auf dem Bildschirm
Gedrucktes 3D-Modell von menschlichem Lungengewebe, basierend auf Millionen Bilddatenpunkten hochauflösender Messverfahren.
Gedrucktes 3D-Modell von menschlichem Lungengewebe, basierend auf Millionen Bilddatenpunkten hochauflösender Messverfahren.
© Yoram Reshef
Cambridge (USA) - Von der Kernspinaufnahme eines Kopfes bis zu Seismogrammen des Erdbodens liefern moderne Messmethoden umfassende Datensätze dreidimensionaler Strukturen. Diese Messdaten lassen sich erst nach einer aufwendigen Bearbeitung etwa auf 3D-Displays räumlich darstellen. Deutsche und amerikanische Forscher gehen nun mit einem ausgeklügelten 3D-Druck einen direkteren Weg. Wie sie in der Fachzeitschrift „Science Advances“ berichten, konnten sie mit unterschiedlich transparenten Harzen und Farbstoffen komplexe dreidimensionale Modelle drucken. Millionen Datenpunkte bildeten die Basis für die exakten räumlichen Abbildungen.

„Diese Methode mit ihren zahlreichen Anwendungen verknüpft digitale Daten mit ihrer physikalischen Erscheinungsform“, sagt Christoph Bader vom Media Lab des Massachusetts Institute of Technology in Cambridge. Zusammen mit seinen Kollegen entwickelte er ein Konzept, um dreidimensionale Datensätze sogar besser darzustellen als mit bereits weit entwickelten 3D-Displays. Denn bevor die räumliche Darstellung auf einem flachen Bildschirm betrachtet werden kann, müssen die Messungen mit mehreren Millionen Datenpunkten erst aufwendig nachbearbeitet werden. Bei diesem so genannten Rendern besteht jedoch das Risiko, dass die ursprünglichen Daten nicht vollständig oder gar etwas verfälscht wiedergegeben werden.

Die Lösung des Problems sah Bader in den heute bereits weit entwickelten 3D-Druckverfahren. So können 3D-Drucker bis zu sieben verschiedene Kunstharz-Substanzen in hauchdünnen Schichten und zusätzlich eingefärbt ausdrucken. Greifbare und von allen Seiten betrachtbare Objekte mit einer räumlichen Auflösung von wenigen Mikrometern werden damit möglich. Bader und Kollegen nutzten nun digitale Datensätze verschiedener bildgebender Verfahren mit teils mehreren Millionen Datenpunkten. Über ein eigens entwickeltes Computerprogramm ordneten sie jedem Bildpunkt eine Art Rezeptur zu, die einer geeigneten Mischung unterschiedlich transparenter Druckharze und einer gewünschten Einfärbung entsprach.

In mehreren Versuchen steuerten die Wissenschaftler ihre 3D-Drucker mit diesen Rezepturen für jedes einzelne Voxel – also einem dreidimensionalen Bildpunkt entsprechend einem Pixel für eine zweidimensionale Darstellung auf einem Bildschirm. So entstanden aus Kernspinaufnahmen filigrane und vielfarbige Modelle eines menschlichen Gehirns oder detailgetreue Kopien einer fein strukturierten Skulptur aus einem Tempel auf Bali. Auch Simulationsdaten etwa von chaotischen Verwirbelungen von drei Flüssigkeiten oder die Molekülstrukturen von Proteinkristallen ließen sich mit diesem Druckverfahren in anschaulichen Objekten bannen.

Für diese gedruckten, etwa Schuhkarton großen Modelle erwartet Bader zahlreiche Anwendungen. Chirurgen könnten damit beispielsweise ihre Operation an einem Hirntumor besser planen. Archäologen erhalten eine neue Möglichkeit, um zusätzlich zu Fotos nun auch mit detailgetreuen Modellen ihre empfindlichen Fundstücke dauerhaft zu registrieren. Nicht zuletzt könnten die auf gemessenen Daten basierenden Modellen in der Lehre eingesetzt werden, um komplexe Strukturen von Biomolekülen oder physikalische Prozesse für Schüler und Studenten besser zu veranschaulichen.

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