Glatteste Oberfläche aller Zeiten

Als Baustein für künftige Atommikroskope, die auch biologische Proben schadlos untersuchen können, konstruierten europäische Physiker eine rekord-glatte Oberfläche
Der quantenstabilisierte Atomspiegel zeigt eine hochglatte Oberfläche - abgesehen von kleinen Hügeln und Kratern - um künftige Atom- oder Molekülstrahlen reflektieren zu können
Der quantenstabilisierte Atomspiegel zeigt eine hochglatte Oberfläche - abgesehen von kleinen Hügeln und Kratern - um künftige Atom- oder Molekülstrahlen reflektieren zu können
© Advanced Materials, Barredo et al.
Madrid (Spanien) - Der fast perfekte Spiegel - eine zuvor unerreicht glatte Oberfläche - hat in Spanien das Licht der Welt erblickt. Die hauchdünne Spiegelschicht aus Blei reflektiert den Großteil aller auftreffenden Atome. Damit eignet sie sich ideal für den Einsatz in einem künftigen Atommikroskop. Die Bleischicht ist mit nur wenigen Nanometern (Millionstel Millimetern) so dünn, dass Quanteneffekte ihre Eigenschaften dominieren, so die Forscher. Sie sprechen von einem "quantenstabilisierten Atomspiegel". Dabei ist die Oberfläche nicht durchgehend glatt, sondern zeigt in unregelmäßigen Abständen kleine Vertiefungen oder Erhöhungen. Die Forscher berichten im Fachblatt "Advanced Materials". Atommikroskope werden derzeit entwickelt und sind den verbreiteten Elektronenmikroskopen insofern überlegen, als sie empfindliche biologische Proben nicht zerstören.

"Das Außergewöhnliche ist: wenn das Material auf Raumtemperatur erwärmt wird, verzerrt oder bricht es nicht, sondern wird stattdessen noch glatter, verbessert seine Reflexionseigenschaften weiter", erklärt Rodolfo Miranda, Professor für Festkörperphysik an der Universidad Autónoma de Madrid (UAM) und Leiter des Madrider Instituts für Erweiterte Studien der Nanowissenschaft (IMDEA-Nanociencia). Mirandas Team hatte einen nur 50 Mikrometer dicken Siliziumwafer mit einer extrem dünnen Bleischicht belegt, nur ein bis zwei Nanometer dünn. Bei einer Temperatur zwischen -173 und -133 Grad Celsius deponierte es das Blei, um die "quantenphysikalischen Eigenschaften zum Tragen kommen zu lassen". Dabei, so die Forscher, glichen sich Unregelmäßigkeiten der Beschichtung aus und es bildete sich die hochglatte Oberfläche.

Um die Reflexionseigenschaften zu untersuchen, richteten die Forscher einen Strahl aus Heliumatomen auf das Metall. Während reine Siliziumspiegel nur 1 Prozent der Heliumatome reflektieren, erreichten sie mit der Bleischicht darauf eine Reflexion von bis zu 67 Prozent. Solch hochglatte Spiegel sollen in künftigen Atommikroskopen Verwendung finden. Durch den Einsatz von Atomstrahlen statt Elektronenstrahlen dürfte sich eine ähnlich hohe Auflösung erreichen lassen wie in heutigen Elektronenmikroskopen, so die Forscher. Doch da Atome eine deutlich größere Masse haben, lasse sich die selbe Wellenlänge mit deutlich weniger Energie erreichen. Also dürften sich unter dem Atommikroskop auch empfindliche biologische Proben wie Proteinstrukturen oder Zellmembranen unbeschädigt betrachten lassen, welche von hoch beschleunigten Elektronen zerstört würden.

Gemeinsam mit Kollegen der britischen University of Cambridge und der österreichischen Universität Graz arbeitet Miranda derzeit am ersten Prototyp eines Atommikroskops mit quantenstabilisierten Spiegeln. Er rechnet damit, im kommenden Jahr die ersten Bilder damit präsentieren zu können.

Universidad Autónoma de Madrid (UAM), Advanced Materials
Quelle: "A Quantum-Stabilized Mirror for Atoms", Daniel Barredo, Fabián Calleja, Pablo Nieto, Juan José Hinarejos, Guillame Laurent , Amadeo L. Vázquez de Parga, Daniel Farías, Rodolfo Miranda; Advanced Materials, Vol 20 Iss 18, S. 3492


 

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