Genomvergleich: Wie sich die Gene normaler Zellen und Krebszellen unterscheiden

Forscher sequenzieren erstmals das Genom einer Leukämiepatientin und stoßen auf unbekannte Mutationen, die an der Krebsentstehung beteiligt sind
AML-Krebszellen
AML-Krebszellen
© Washington University
St. Louis (USA) - Noch kennt man längst nicht sämtliche Gen-Mutationen, die Krebs auslösen können. Um diesem Ziel einen Schritt näher zu kommen, haben amerikanische Forscher jetzt erstmals das gesamte Erbgut einer Krebspatientin sequenziert. Das ermöglichte einen direkten Vergleich zwischen den Genen ihrer Krebszellen und gesunden Zellen. Auf diese Weise fanden die Wissenschaftler acht bisher unbekannte Mutationen, die an der Entstehung der akuten myeloischen Leukämie (AML) beteiligt sind. Allerdings waren in Proben anderer AML-Patienten nicht dieselben Mutationen nachweisbar. Offenbar kann die gleiche Krebserkrankung durch ganz verschiedene Gendefekte entstehen, schreiben die Autoren im Fachjournal "Nature".

"Mit der heute verfügbaren schnelleren und billigeren Technologie der DNA-Sequenzierung ist ein Verständnis von Krebs auf der Basis des gesamten Genoms möglich. Das ist die Grundlage für die Entwicklung effektiverer Methoden von Diagnose und Therapie", sagt Richard Wilson, Direktor des Genome Sequencing Center der Washington University in St. Louis. Er und seine Kollegen sequenzierten das Erbgut einer Frau, die an AML erkrankt war und inzwischen verstorben ist. Durch einen Genomvergleich von Krebszellen aus dem Knochenmark und normalen Hautzellen der Patientin fanden die Forscher zehn krebsrelevante Mutationen, von denen erst zwei bekannt waren. "Bisher hatte noch niemand das Genom eines Patienten sequenziert, um sämtliche Mutationen zu finden, die speziell für seine Krankheit verantwortlich waren", sagt Erstautor Timothy Ley. Drei der acht neuen Mutationen betrafen Gene, die normalerweise das Tumorwachstum unterdrücken. Vier andere mutierte Gene sind an Stoffwechselwegen beteiligt, die das Krebswachstum fördern.

Keine der acht neu entdeckten Mutationen ließen sich in Tumorproben von 187 anderen AML-Patienten nachweisen. Das spricht für eine unerwartet große Diversität in den möglichen genetischen Ursachen einer Krebsform. Die Forscher gehen davon aus, dass sich die einzelnen Mutationen nach und nach im Lauf des Lebens angehäuft haben, wobei jede einen Teil zur Krebsentwicklung beigetragen hat. Wahrscheinlich seien zusätzliche Mutationen in den Teilen der DNA zu finden, in denen keine genetischen Informationen für Proteine liegen, sagt Elaine Mardis, eines der leitenden Mitglieder des Forschungsteams. Außerdem sollen weitere Genome von AML-Patienten sequenziert werden, um die Ergebnisse zu vervollständigen. Geplant sind ähnliche Projekte für Brust- und Lungenkrebs. Dieses Verfahren sei die einzige Möglichkeit, so die Autoren, sämtliche für eine Krebsart verantwortlichen Gene zu entdecken.

Nature / Washington University
Quelle: "DNA sequencing of a cytogenetically normal acute myeloid leukaemia genome", Timothy J. Ley et al.; Nature, Vol 456, p. 66, doi:10.1038/nature07485


 

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