Frühgeburt: Risiko schon früh erkennbar

„Unsere Ergebnisse könnten erklären, warum bei Frauen mit kurz aufeinander folgender erneuter Schwangerschaft das Risiko einer Frühgeburt steigt“, sagt David Relman von der Stanford University. Seine Arbeitsgruppe analysierte, wie sich während und nach der Schwangerschaft das gesamte mikrobielle Artenspektrum – das sogenannte Mikrobiom – in Mund, Darm und Vagina von 40 Frauen veränderte. Dazu entnahmen sie wöchentlich bis zur Geburt Proben und setzten nach der Entbindung die Untersuchungen in monatlichen Abständen noch ein Jahr fort.
Während des Verlaufs der Schwangerschaft blieb das ermittelte Spektrum der Bakterienarten für jede der Körperregionen bei allen Frauen erstaunlich konstant. Elf Frauen brachten ihr Kind vor dem Ende der 37. Schwangerschaftswoche zur Welt. Die Vagina-Mikrobiome dieser Frauen unterschieden sich von Anfang an deutlich von denen der anderen. Zum einen war der Anteil an Milchsäurebakterien der Gattung Lactobacillus sehr gering, zum anderen existierte eine ungewöhnlich große Zahl verschiedener anderer Bakterienarten. Das Frühgeburtsrisiko der Probandinnen erhöhte sich zusätzlich, wenn außerdem noch hohe Keimzahlen an Gardnerella- oder Ureaplasma-Bakterien nachgewiesen wurden. Da dieses außergewöhnliche Keimspektrum bereits zu Beginn der Schwangerschaft vorlag, wäre es möglich, gefährdete Frauen dadurch schon früh zu identifizieren. Das könnte dabei helfen, durch Normalisierung der Vaginalflora die Zahl der Frühgeburten zu verringern. Die Forscher bestätigten ihre Ergebnisse durch Keimanalysen bei neun weiteren Schwangeren, von denen vier eine Frühgeburt hatten.
Nach der Entbindung – ob mit oder ohne Kaiserschnitt – veränderte sich das Mikrobiom der Vagina in den meisten Fällen drastisch. Mehrere Monate lang blieb der Anteil an Lactobacillus-Bakterien gering und es traten vermehrt Bakterien der Gattung Prevotella und andere anaerobe Arten auf. Das könnte eine Ursache dafür sein, dass eine baldige erneute Schwangerschaft mit einem hohen Frühgeburtsrisiko verbunden ist, vermuten die Forscher. Möglicherweise hemmt eine hohe Zahl an Milchsäurebakterien die Vermehrung von Bakterien, die eine Infektion auslösen können, welche den Embryo schädigt.
Eine Frühgeburt tritt bei elf Prozent aller Schwangeren auf. In etwa jedem vierten Fall könnte eine nachgewiesene Infektion die Ursache dafür sein. Als Infektionsquellen kommen neben Bakterien der Vagina auch Darmkeime in Frage sowie Erreger von Zahninfektionen (Parodontitis), die in den Blutkreislauf gelangt sind. Eine sogenannte bakterielle Vaginose, die durch eine geringe Zahl an Milchsäurebakterien und eine starke Vermehrung von Gardnerella-Bakterien gekennzeichnet ist, verdoppelt das Risiko einer Frühgeburt.