Fett macht Schokolade zartschmelzend

Eine künstliche Zunge ermöglicht genormte Messungen des Essgefühls
Fett macht Schokolade zartschmelzend
Fett macht Schokolade zartschmelzend
© Shizhao, Wiki Media / https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Chocolate02.jpg
Leeds (Großbritannien) - Mit gut neun Kilogramm pro Jahr ist Schokolade die beliebteste Süßigkeit der Deutschen. Nicht nur der Geschmack, sondern auch das angenehme Essgefühl beim Schmelzen im Mund spielt für diesen Erfolg eine wichtige Rolle. Um diesen meist subjektiven Eindruck besser bestimmen und in konkrete Zahlen fassen zu können, entwickelten nun britische Lebensmittelforscher eine künstliche Zunge. Ein erstes Ergebnis ihrer Messungen präsentieren sie nun in der Fachzeitschrift „ACS Applied Materials & Interfaces“: Der Fettanteil in der Schokolade ist wesentlich für das seidige Schmelzen im Mund verantwortlich.

Das Empfinden im Mund ist ein komplexes Wechselspiel aus dem Schmelzvorgang und den wirkenden Reibungskräften zwischen Zunge und einem Stück Schokolade. Für dessen Analyse formten Anwesha Sarkar und ihre Kollegen von der University of Leeds eine künstliche Zunge aus dem flexiblen Silikonkunststoff Polydimethylsiloxan. In die knapp fünf Zentimeter breite und vier Millimeter dicke Silikon-Zunge integrierten sie mit einem 3D-Druckverfahren die winzigen Strukturen der natürlichen Geschmackssensoren, die Papillae. Zufällig verteilten sie etwa 200 winzige Zylinder und 20 Minikugeln über die Zungenoberfläche. Diese 250 bis 500 Mikrometer hohen Strukturen imitierten die filiform oder fungiform genannten Papillae.

Diese künstliche Zunge bewegten die Forschenden nun viele Male über ein Stück Schokolade während des Schmelzvorgangs. Dabei ließen sich mit einem so genannten Triborheometer die Reibungskräfte exakt messen. So konnten die Forschenden drei verschiedene Phasen während des Verspeisens genauer analysieren: das Lecken über ein festes Stück Schokolade, das Zungengefühl während des Schmelzens und schließlich das Schlucken der flüssigen Mischung aus Schokolade und Speichel.

Ihre Versuche wiederholten die Forschenden mit dunkler Schokolade mit verschiedenen Fettanteilen. Bewusst verzichteten sie auf süßere Vollmilchvarianten, um eine Verfälschung der Messungen etwa durch höhere Milchanteile zu vermeiden. Dabei zeigte sich, dass in den ersten beiden Phasen – Lecken und Kauen – das angenehm seidige Gefühl mit steigendem Fettanteil zunahm. Beim Schlucken der Speichel-Schokolade-Mischung ging diese Glitschigkeit mit höheren Fettanteilen dagegen deutlich zurück. Für diesen Wechsel machten Sarkar und Kollegen die Bildung von winzigen, etwa 200 Mikrometer durchmessenden Tropfen verantwortlich.

Diese Messungen erklären nicht nur das Empfinden beim Verzehr von Schokolade. Mit solchen künstlichen Zungen könnten nun auch neue Schokoladevarianten entwickelt werden. Beispielsweise ließe sich fettärmere Sorten entwickeln mit einem höheren Fettanteil nur an der Oberfläche. So könnten Verbraucher weiterhin das seidige Schmelzen genießen, zugleich aber weniger Fette in den Körper aufnehmen.

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