Erwärmung der Arktis bisher drastisch unterschätzt
„Wir fokussierten uns auf eine 1979 beginnende Periode, da seitdem verlässlichere Messdaten vorliegen und die starke Erwärmung in den 1970er Jahren begann“, sagt Mika Rantanen vom Finnischen Meteorologischen Institut in Helsinki, der zusammen mit seinen Kollegen die Region nördlich des Polarkreises untersuchte. In diese Analyse flossen vor allem Satellitendaten ein. Dabei stellten sie fest: Liegt die durchschnittliche Erderwärmung derzeit bei 0,19 Grad Celsius pro Jahrzehnt, zeigt die neue Auswertung für die Arktis über dieselbe Zeitspanne eine Erwärmung um 0,73 Grad Celsius. Regional fanden Rantanen und seine Kollegen rund um die Barentssee nördlich von Norwegen sogar eine siebenfach beschleunigte Erwärmung im Vergleich zum globalen Mittel.
Die Ursachen für diese starke polare Verstärkung sind vielfältig und werden in der Fachwelt intensiv diskutiert. Großen Anteil hat beispielsweise die Eis-Albedo-Rückkopplung. Diese berücksichtigt den Rückgang der Eisschichten, die das Sonnenlicht reflektieren. Die dadurch freigelegten Wasser- und Landflächen absorbieren wegen ihrer dunkleren Färbung mehr Sonnenlicht und wärmen sich stärker auf. Zudem strahlen die kälteren Oberflächen der Arktis weniger Wärme ab als wärmere Oberflächen südlich des Polarkreises. In Zukunft wird sich die Erwärmung zudem dadurch etwas beschleunigen, dass vor allem in Europa und Asien die Luftverschmutzung zurückgeht. Denn Schmutzpartikel in der Atmosphäre schirmen einen Teil der wärmenden Sonnenstrahlung ab. Der Effekt ist allerdings relativ klein, so dass die heutige oder eine stärkere Luftverschmutzung die polare Verstärkung nicht verhindern könnte.
Diese auf jüngeren Messdaten beruhende Studie legt nahe, dass die beschleunigte Erwärmung der Arktis in Klimamodellen bisher unterschätzt wurde. Allerdings tragen auch natürliche Schwankungen zu der Erwärmung bei. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass diese allein für die nun beobachtete polare Verstärkung verantwortlich sind, ist nach Aussage der Forscher extrem gering. Sie schlagen nun vor, die Mechanismen der polaren Verstärkung noch genauer zu untersuchen. Diese Ergebnisse könnten dann zu noch besseren Klimamodellen führen.