Erreger von Harnwegsinfektionen produzieren krebserzeugendes Toxin

Häufig wiederkehrende Erkrankungen könnten das Risiko für Blasenkrebs erhöhen
Uropathogene E. coli-Bakterien (rot) dringen in Blasenzellen ein (Zellkerne blau gefärbt) und produzieren Colibactin.
Uropathogene E. coli-Bakterien (rot) dringen in Blasenzellen ein (Zellkerne blau gefärbt) und produzieren Colibactin.
© Chagneau CV, et al. (2021) PLOS Pathogens / CC-BY 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/)
Toulouse (Frankreich) - Nicht nur Tabakkonsum und häufiger Kontakt mit giftigen Lösungsmitteln führen zu einem erhöhten Risiko für Blasenkrebs. Auch wiederholte oder lange andauernde Harnwegsinfektionen könnten die Wahrscheinlichkeit einer solchen Erkrankung vergrößern, wie französische Forscher im Fachblatt „PLoS Pathogens“ berichten. Die weitaus meisten Harnwegsinfektionen werden von sogenannten uropathogenen E. coli-Bakterien (UPEC) verursacht. Viele davon setzen das Toxin Colibactin frei. Hinweise auf eine Colibactinproduktion fanden die Wissenschaftler durch Analysen von Urinproben bei fast jedem vierten Patienten. In Tierversuchen konnten sie nachweisen, dass dieses Toxin die DNA von Zellen der Blasenwand schädigen und damit die Entwicklung von Krebswachstum auslösen kann. Die Erreger von Harnwegsinfektionen gelangen aus dem Darm in die unteren Harnwege. Hilfreich wäre daher eine vorbeugende Behandlung, die das Erregerreservoir von UPEC-Bakterien im Darm beseitigt.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Patienten, die unter Harnwegsinfektionen leiden, systematisch nach Hinweisen auf eine Colibactinproduktion untersucht werden sollten“, sagen Jean-Philippe Nougayrède und Eric Oswald von der Université de Toulouse. An Harnwegsinfektionen erkranken überwiegend Frauen. Mehr als 60 Prozent sind wenigstens einmal im Leben davon betroffen. Die Infektion kann symptomlos verlaufen, auf die unteren Harnwege begrenzt bleiben oder auch die Nieren erfassen. Wenn die Erreger sogar in die Blutbahn eindringen, kann sich eine lebensbedrohliche Urosepsis entwickeln.

Die Forscher sammelten Urinproben von 223 Patienten, die an einer E. coli-Infektion der oberen oder unteren Harnwege litten. Durch den Nachweis eines Nebenproduktes, das bei der Colibactinproduktion entsteht, identifizierten sie eine Freisetzung des Toxins durch UPEC-Bakterien bei 55 Patienten. Wie Experimente mit Mäusen ergaben, schädigten Harnwegsinfektionen mit diesen Erregern die DNA von Zellen der Blasenwand so stark, dass daraus Mutationen entstehen konnten, die ein Krebswachstum begünstigen. Die Forscher schließen daraus, dass anhaltende – auch symptomlose – Harnwegsinfektionen durch colibactinbildende UPEC-Bakterien auch beim Menschen die Zellen der ableitenden Harnwege auf die gleiche Weise schädigen können und so die Wahrscheinlichkeit einer Krebserkrankung erhöhen. Aus früheren Untersuchungen ist bekannt, dass der Nachweis solcher Erreger im Darm mit einem erhöhten Darmkrebsrisiko verbunden ist. Deren gezielte Eliminierung bereits im Darm würde die Gefahr verringern, an Darm- und Blasenkrebs zu erkranken. Dieser Zusammenhang müsste allerdings zunächst durch weitere Untersuchungen bestätigt werden.

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