Elektrischer Espresso

Für ihre Analysen baute Christopher Hendon von der University of Oregon in Eugene mit seinem Team ein einfaches, aber effektives Messgerät. Unter eine Kaffeemühle positionierten sie einen Faraday-Becher und schlossen daran ein Elektrometer, um selbst winzige elektrische Ladungen zu messen. Sowohl beim Zerbrechen der Kaffeebohnen als auch beim Aneinanderreiben der Körnchen lud sich das Pulver elektrostatisch über die Fraktoaufladung und die Reibungselektrizität auf. Pro Gramm Kaffee bildeten sich elektrische Ladungen von bis zu 100 Nanocoulomb. Das ist ein Bruchteil der elektrostatischen Aufladung, mit der Haare von einem Ballon angezogen werden, den man vorher an einem Wollpullover gerieben hatte.
So klein diese elektrostatische Ladung auch ist, hat sie große Auswirkungen. Denn das aufgeladene Kaffeepulver haftet leichter an Plastikteilen, die beispielsweise in Kaffeevollautomaten verbaut sind. Dadurch verschmutzt die Maschine schneller und muss öfters gereinigt werden. Bei Espressomaschinen mit metallischen Bauteilen war dieser Effekt wegen der höheren elektrischen Leitfähigkeit geringer. Aber in allen Espressomaschinen neigt elektrostatisch aufgeladenes Kaffeepulver durch die gegenseitige Anziehung der Körnchen zum Verklumpen. Dadurch lässt es sich etwas schlechter mit heißem Wasser benetzen mit der Folge, dass sich weniger Aromastoffe extrahieren lassen.
In ihrer Versuchsreihe, bei der die Forschenden immer genau ein Gramm Kaffeebohnen verschiedener Art mahlten, offenbarten sich auch Unterschiede. Stark geröstete, dunklere Kaffeebohnen luden sich beim Mahlen stärker elektrostatisch auf als hellere Kaffeesorten. Die Ursache dafür fand Hendon in der geringeren inneren Feuchtigkeit der dunklen Bohnen. „Feuchtigkeit bestimmt die Menge der Ladung, die sich beim Mahlen bildet“, sagt Hendon. So genügte es auch, die Bohnen vor dem Mahlen mit einigen Tropfen Wasser zu besprenkeln, um die elektrostatische Aufladung zu verringern. Denn dank des leitfähigen Wassers konnten die elektrischen Ladungen leichter abfließen.
Natürlich probierten Hendon und sein Team auch die zahlreichen Espressi, die sie bei ihren Analysen brühten. Espresso aus etwas feuchteren Bohnen schmeckte bei der gleichen Pulvermenge konzentrierter und intensiver. „Wenn sich die Konzentration für die gleiche Kaffeemenge um zehn bis 15 Prozent steigern lässt, hat das immense Auswirkungen auf Qualität und Kosten“, sagt Hendon. Denn so ließe sich mit wenigeren Kaffeebohnen mehr Espresso mit dem gleichen Geschmack brühen.